Rezension

Eine Handlung, auf die man sich einlassen muss

Wer hier schlief - Isabella Straub

Wer hier schlief
von Isabella Straub

Bewertet mit 4 Sternen

Philipp Kuhn hat seine Frau Vera verlassen und ist aus der gemeinsamen Villa ausgezogen, um mit seiner heimlichen Affäre Myriam zusammenzuleben. Doch am vereinbarten Treffpunkt taucht diese nicht auf, geht nicht an ihr Telefon und scheint wie vom Erdboden verschluckt.
Er beginnt sie in der ganzen Stadt zu suchen und muss sich zusätzlich um eine neue Existenz kümmern... .
Mit ,,Wer hier schlief" hat Isabella Straub einen interessanten Roman rund um die Figur Kuhn geschrieben, an dem gezeigt wird, wie trügerisch unsere Sicherheiten im Leben sind und wie schnell einem der Boden unter den Füßen weggezogen werden kann.
Philipp Kuhn war anfangs für mich sehr schwer einzuschätzen. Dass er seine Ehefrau wegen einer Geliebten verlässt, macht ihn nicht gerade sympatisch und ich brauchte einige Zeit, bis ich mit ihm warm wurde. Im wahrsten Sinne des Wortes schleppt er noch Altlasten mit sich herum, die er lange im Verlauf der Handlung nicht ablegen kann und auch anscheinend gar nicht will. Beim lesen schwankt man immer wieder zwischen Mitleid und einer gewissen Anerkennung für ihn, da er anscheinend einer ziemlich gerissenen und hinterhältigen Betrügerin in die Falle gegangen ist, aber trotzdem daran nicht kaputt geht und neue sich bietende Möglichkeiten wahrnimmt, aber auch kritisch hinterfragt. So lässt er sich zwar auf die auf mich etwas seltsam anmutende Gruppe SUHOS ein, aber kritisiert auch dort einige Aktionen, wie zum Beispiel das sogenannte ,,Nesting". 
Neben Kuhn gibt es auch eine gewisse Anzahl von anderen Figuren, die die Handlung noch lebendiger machen. Da ist beispielsweise der ältere Herrn Solak, der in einer Hotellobby einen Fauteuil zu seinem Stammplatz erkoren hat und dort mit Philipp Kuhn ins Gespräch kommt. 
Isabella Straub schreibt wunderbar flüssig und schafft es, der Handlung eine besondere Atmosphäre zu verleihen. Manchmal ist das Buch etwas melancholisch, aber dann an anderen Stellen einfach überzogen komisch gestaltet. Jedoch hat die Autorin es geschafft, der Geschichte das anfangs sehr gehetzte Tempo zu nehmen und ein wenig Ruhe hineinzubringen.
Was mir nicht gefallen hat, ist die mangelnde Suche nach Myriam, die langsam, aber sicher aufgegeben und nicht mehr verfolgt wird. Irgendwie fehlte so dem Buch nach und nach ein entscheidendes Element, was mich doch etwas gestört hat.
Insgesamt habe ich ,,Wer hier schlief" sehr gerne gelesen und mich auch gut unterhalten gefühlt. Jedoch muss man sich wirklich auf die Geschichte einlassen können und auch Literatur mögen, wo nicht immer alles gleich offensichtlich ist. Wer dies aber kann, bekommt hier wirklich eine interessante Handlung geliefert, über die es sich auch nachzudenken lohnt. Gerne empfehle ich das Buch hier weiter.