Rezension

Eine Homage an Romane des 19. Jahrhunderts

Die Schwelle - Frank R. Tallis

Die Schwelle
von Frank R. Tallis

Bewertet mit 4 Sternen

In "Die Schwelle" von F.R Tallis vermischen sich  religiöse Ideen über Nahtoderfahrungen und wissenschaftliche Experimente, der Neugier an diesen. Gerade das Zusammenspiel dieser Blickwinkel mich sehr interessiert - die Erklärungen die Einige Figuren dafür finden oder finden wollen. 
 Wenn man nach etwas bestimmten sucht- in diesem Fall im Grunde den Beweis dafür das es Gott gibt - , weil man überzeugt ist das es da ist - nun dann findet man es auch. Die Suche wird ja von dieser angenommenen Wahrheit beeinflusst. 
Mich hat vor allem der Aspekt interessiert, ob es sich um ein psychologisches Phänomen handeln wird, oder eben doch Gruselelemente eine Rolle spielen. 
Paul steht dabei klar im Mittelpunkt der Ereignisse, die anderen Figuren lernt man nur im Bezug auf ihn kennen. Er war mir dabei nicht immer sympathisch, gerade sein Verhalten im Bezug auf die Frauen des Romans. Aber gut, Tallis bewegt sich hier wirklich in der Tradition einer anderen Epoche. Dementsprechend handelt seine Hauptfigur. In diesem Kontext habe ich die Geschichte auch gelesen. 

Diese Vermischung von Naturwissenschaft und Parapsychologie/Okkultem/Satanismus, das war spannend. Gleichzeitig kam mir aber auch mein Studium der Religionswissenschaft immer mal wieder in die Quere. Ich konnte den Roman nicht lesen, ohne die Figuren als Akteure zu betrachten. Ich habe mich immer wieder dabei ertappt das Verständnis von Religion und Okkultem in dieser Zeit genauer zu betrachten. Tallis orientiert sich laut eigener Aussage dabei stark an französischen Autoren wie etwa Huysmans, de Sade und Maupassant. Davon scheint auch seine Darstellung von Satannismus geprägt. Allerdings kenne ich keinen Roman der jeweiligen Autoren bis auf Bel Ami.^^ Einen Vergleich kann ich also nicht anstellen. Mich persönlich hat es z.B etwas an E.T.A. Hoffmann erinnert.

Für mich hat sich "Die Schwelle" gelohnt, weil ich finde das Tallis die Zeit des Romans insgesamt gut dargestellt hat. Mir hat gut gefallen, das man nie so recht weiß, ob der Roman doch noch eine rationale Erklärung finden wird, oder stärker in seinem eher paranormalen Hintergrund bleiben wird. Einzig das Ende war mir zu brav beschrieben, passt aber in Tallis beanspruchte Erzähltradition. 
Wer sich wie ich, für die frühe Psychologie und Romane des 19. Jahrhunderts interessiert findet hier jedenfalls eine Hommage an das Genres vor und ich persönlich mochte "Die Schwelle" sehr.