Rezension

Eine Hommage an eine mutige Frau

Dorothea -

Dorothea
von Jürgen Pettinger

Bewertet mit 5 Sternen

Jürgen Pettinger zeichnet in diesem Buch die Jahre 1941-1944 im Leben der Schauspielerin Dorothea Neff (1903-1986) nach.

 

Dorothea Neff versteckt in dieser Zeit ihre Lebensgefährtin, die Kostümbildnerin Lilly Wolff in ihrer Wohnung in der Annagasse in Wien. Lilly Wolff ist nämlich gleich doppelt bedroht, denn sie ist lesbisch und Jüdin. Eine tödliche Kombination während des NS-Regimes, das alle jene, die nicht in ihr Weltbild passen, gnadenlos verfolgt und ermordet. Unmittelbar vor der Deportation zieht Lilli Wolff in Dorothea Neffs Wohnung ein.

 

Dorothea Neff gefährdet mit dieser großzügigen und mutigen Tat nicht nur ihre eigene Schauspielkarriere, sondern auch ihr Leben. Daher spielt sie in diesen vier Jahren die Rolle ihres Lebens. Lilli muss unsichtbar sein, sich wie ein Geist verhalten. Kein Spaziergang, ja nicht einmal ans Fenster gehen und vorsichtig durch die Wohnung schleichen, denn das Knarren des alten Parkettbodens könnte sie verraten. Wenn Dorothea Neff einen der seltenen Besuche bekommt, muss sich Lilli im Kamin verstecken.

 

Einer der wenigen Menschen, denen sie vertraut ist der junge Arzt Erwin Ringel, der im selben Haus wohnt. Als Lilli Wolff einen Tumor in der Brust entdeckt, schummelt er sie unter falschem Namen ins Krankenhaus. Sie überlebt die Operation.

 

Die beiden Frauen leben von den mageren Rationen einer einzigen Lebensmittelkarte. Nur hin und wieder gelingt es der Neff, ein paar Deka mehr zu erhalten.

 

Als dann noch ein hochrangiger SS-Angehöriger in das Haus einzieht, spitzt sich die Situation für Lilli und Dorothea nochmals zu. Doch mit der Ankunft von Mati und Meta Lillis Freundinnen aus dem zerstörten Köln, entgeht Dorothea Neff der behördlich angeordneten Einquartierung. Nun leben vier Frauen von drei Lebensmittelrationen.

 

Doch auch mit dem Einmarsch der Russen 1945 scheint die Gefahr noch nicht gebannt zu sein.

 

Nach dem Ende des Krieges wird Lilli Wolff Europa verlassen und niemals wiederkommen. Dorothea Neff hat über die Jahre im Krieg geschwiegen. Erst 1978 spricht sie in einem Interview darüber. Während das offizielle Österreich nach wie vor keine Notiz davon nimmt, wird der israelische Botschafter in Basel auf diesen Artikel aufmerksam. 1980 wird Dorothea Neff mit der Medaille von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

 

Meine Meinung:

 

Wie schon in seinem Buch „Franz. Schwul sein unter dem Hakenkreuz“, hat Jürgen Pettinger mit diesem Buch abermals das Leben homosexueller Menschen während des NS-Regimes nachgezeichnet. Diesmal beschäftigt er sich mit der Schauspielerin Dorothea Neff und der Kostümbildnerin Lilli Wolff, die ein Paar sind. Da Lilli Jüdin ist, schwebt sie in ständiger Gefahr deportiert zu werden.

 

Die Biografien von Dorothea Neff und Lilli Wolff sind penibel recherchiert. Um die Dramatik dieser Jahre für die Leser erlebbar zu machen, hat Jürgen Pettinger diesmal die Romanbiografie als Erzählform gewählt.

 

Zahlreiche Fotos ergänzen dieses beeindruckende Buch.

 

Fazit: 

 

Dieser einfühlsamen und beeindruckenden Romanbiografie, die stellvertretend für Tausende von verfolgten und ermordeten Homosexueller der NS-Zeit steht, gebe ich gerne 5 Sterne.