Rezension

Eine kleine Wundertüte

Herzblut: Du stirbst in meinem Herzen nicht - Simone Veenstra

Herzblut: Du stirbst in meinem Herzen nicht
von Simone Veenstra

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Unfalltod ihres Vaters lässt der 18-jährigen Mara keine Ruhe. Offizielle Version: Herzinfakt. Aber wieso lässt Mara das Busunglück keine Ruhe? In dem kleinen Dorf, dass sie ihre Heimat nennt, hat niemand Zweifel an dem tragischen Ereignis und so wird Mara mit ihrem mulmigen Gefühl immer mehr zur Außenseiterin. Und dann platzt da auch noch Jonah in Maras Welt – ein neuer Schüler! Eine Welle des Raunens und des Getuschels geht durch das Dorf! So etwas hatte es seit Urzeiten nicht mehr gegeben! Jonah, mit den Haskiaugen, der durch den Wald rennt als würde er vor tausend Dämonen davon laufen.
Er beginnt Mara bei den Nachforschungen über den Tod ihres Vaters zu helfen, gemeinsam decken sie immer mehr Geheimnisse auf, die die Fassade der fröhlichen Dorfidylle bröckeln lässt und auch die Schutzmauern der beiden beginnen einzufallen...  

Das Buch ist zwar als Thriller ausgezeichnet. Für mich ist es aber mehr. Für mich stammt das Buch aus der Kategorie „Wundertüte“. Was das Genre Wundertüte auszeichnet? Nun kennzeichnend ist, dass es sich dabei um eine Geschichte handelt, die aus den verschiedensten Elementen zusammengebaut sind. Da gibt es den Baustein der Liebesgeschichte. Darauf hat die Autorin dann das Klötzchen der Spannung gesetzt. Bis zum Schluss blieb der Fall für mich ungelöst und ich bin der wahren Lösung nicht ansatzweise näher gekommen. Man kann sich aber als kleiner Privatdetektiv zwischenzeitlich ordentlich austoben. 
Wobei die Kombination sehr gut gelingt, keines der Elemente dominiert, überlagert und die Geschichte wirkt auch nicht überfrachtet. Ganz geschickt hat Simone Veenstra hier die einzelnen Elemente miteinander verflochten, zu einem großen Ganzen mit fließenden Übergängen. 

Wenn man Fernweh haben sollte, dann muss man Simone Veenstra einfach nur bitten einen Ort zu beschreiben und zack schon steht man mitten drin. „Du stirbst in meinem Herzen nicht“ spielt in Hundsgrub und bereits ab der ersten Seite hat man das Gefühl als wäre man in dem verschlafenen Dorf aufgewachsen, als würde man die verschrobenen Einwohner und ihre Eigenarten schon seit Jahren kennen – dieser heimischen Idylle oder wie Mara es nennt, den letzten Stopp vor dem Ende der Welt. Ein Nest, in dem es hundertfach mehr Obstbäume als Einwohner gibt.

Mara empfindet sich selbst wie eine nicht heimische Obstsorte, die jemand in Hundsgrub aufgepfropft hat in der Hoffnung, dass sie anwächst. Sich als Veredelung herausstellt. Aber irgendwie kann Mara in ihrer Heimat keine Wurzeln fassen, sie fühlt sich immer als „exotische Frucht“ und um zu reifen, braucht sie andere Bedingungen als sie in Hundsgrub herrschen.

Man hat das Gefühl Mara zu kennen, als würde sie im Nachbarhaus wohnen und von Zeit zu Zeit auf eine Tasse Tee vorbei schauen. Ihre Gedanken und ihre Wesenszüge wirken einem sofort vertraut. Mit Mara kann man sich auf Anhieb identifizieren. Warum? Weil Mara einfach herrlich normal ist und über das ganze Buch hinweg Mara bleibt. Simone Veenstra hat mit Mara eine Figur geschaffen, die fern von jedem Klischee liegt, die sich selbst treu bleibt. Sie schafft es diese Unsicherheit und dieses Gefühl vom Nichtdazugehören, dass man als Heranwachsender so oft verspürt auf eine realistische Art zu vermitteln. Realistisch und normal das sind wirklich die Zauberwörter und als großes Kompliment gemeint. Mara muss keine Wandlung von der „unscheinbaren Brillenschlange“ zum „schönen Schwan“ durchmachen, um zu reifen.
In gewissen Abständen findet für ein kurzes Kapitel ein kleiner Perspektivenwechsel statt und Jonah kommt zu Wort. 

Wer auf der Suche nach Spannung, Gefahr, Liebe und Familienbeziehungen ist? Herzlichen Glückwunsch, Sie haben ihr Ziel erreicht!