Rezension

Eine leise Geschichte über zwei starke Frauen

Aufs Meer hinaus -

Aufs Meer hinaus
von Cecilie Enger

Bewertet mit 3.5 Sternen

Bertha Torgersen, die schon früh ihre Mutter verloren hat, verbringt mit ihrer Stieffamilie eine harte, dabei aber für die Zeit nicht unnormale Kindheit in Südnorwegen. Schon früh wird ihr klar, dass sie sich nicht in der Rolle der Hausfrau und Mutter sieht, und nimmt stattdessen eine Stellung als Ladenmädchen in der entfernten modernen Bergarbeiterstadt Karmoy an. Dort trifft sie schon bald Hanna Brummenaes wieder, die sich kleidet und verhält wie ein Mann. Die beiden Frauen finden nicht nur privat zueinander, sondern übernehmen den Laden, bringen neue geschäftliche Ideen ein und entwickeln sich und ihre Firma immer weiter hin zur ersten von Frauen geführten Reederei ....

Die Journalistin und Autorin Cecile Enger hat mit "Aufs Meer hinaus" einen sehr leisen Roman über zwei außergewöhnliche Frauen geschrieben. Genau beobachtet bringt sie die Zeit- und Lebensumstände der Menschen genauestens ihren Lesern näher. Ihr Schreibstil dabei ist präzise und durchaus anspruchsvoll, bleibt dabei aber doch recht distanziert.

Gerne hätte ich noch mehr über die Gefühle der beiden sehr spannenden Frauen im allgemeinen und füreinander gelesen; doch durch den genauen Blick von außen blieben diese mir fremd und ich hatte immer wieder neue Fragen im Kopf. Insbesondere zu Hanna konnte ich keinen Zugang finden.

Wenngleich mir die unaufgeregte Erzählweise durchaus zusagte, fehlte dennoch ein Spannungsbogen, und das Geschehen, das mich durchaus nicht kalt ließ, plätscherte eher dahin, als dass es mich fesselte. Die Liebe der beiden Hauptfiguren zueinander in einer Zeit, in der Homosexualität geächtet war, halten die Frauen vor der Außenwelt verborgen - aber leider auch vor ihren Leser*Innen; sie ist mehr zu erahnen, als dass diese Thematik vertieft werden würde.

Anhand des Klappentextes hatte ich eigentlich auch andere Erwartungen an das Buch: Dass Bertha und Hanna die ersten Reederinnen Europas werden, wird eher am Rande erzählt. Dieses Detail verschwindet nahezu in der ausführlichen Beschreibung fast ihrer ganzen Leben.

Anhand der Quellenangaben am Ende des Buches wird noch einmal deutlich, dass die Geschichte der zwei Frauen auf historischen Grundlagen beruht, die genau von der Autorin recherchiert wurden; ich vermisse aber ein Nachwort von Cecile Enger mit einer Abgrenzung zu fiktiven Elementen.

Da ich Bücher über starke Frauen der Geschichte sehr schätze, hat mir diese ruhige Erzählung durchaus gefallen; ich hätte mir jedoch noch etwas intensivere Beschäftigung mit den Hintergründen gewünscht.