Rezension

Eine Liebeserklärung an Australien … und an das Buch

Koalaland
von Mark Scheppert

Cover:
Ich finde das Cover sehr gelungen, da man bei Australien sofort an die rostrote Farbe denkt. Dass der Camper, der eine wichtige Rolle im Buch spielt, zu sehen ist, gefällt mir ebenfalls. Auch das Logo in Form eines alten Poststempels, in dem der Titel des Buches eingearbeitet ist, ist ein Hingucker.

Meinung:
Ich habe lange nach genau so einem Australienroman gesucht und ich bin positiv überrascht, dass ein Books on Demand Buch, Bücher bei denen ich generell skeptisch bin, mich so stark begeistern konnte.
Ich hatte das Buch überraschend von dem Autor erhalten und war neugierig, deswegen habe ich in die ersten vier Seiten hineingelesen und konnte das Buch dann nicht mehr weg legen. Nina und Micha haben mich so gefangen genommen, die Beschreibungen Australiens waren so gelungen, dass ich mich nicht aus dieser Welt entziehen und weiterhin auf dem Roten Kontinent meine Reise fortsetzen wollte.
Micha hat schon immer von Australien geträumt, weiß genau, was er erleben möchte und plant schon immer auf diesen Moment hin. Nachdem er Urlaub genommen hat, eine Reisepartnerin gefunden und seine Taschen gepackt hat, kann es losgehen. Doch schnell stellt sich heraus, dass er Nina nicht so leicht rumkriegen kann, wie er anfangs dachte.
Nina ist die erfolgreiche Business-Woman, kalt und kompromisslos. Auf Luxus kann und will sie nicht verzichten, genauso wenig auf Internetzugang, damit sie ihre Arbeitskollegen in Deutschland steuern kann. Micha geht ihr ziemlich auf die Nerven und sie will am liebsten nur zurück nach Hause fliegen.
Zugegeben, die Charaktere machten es mir anfangs nicht gerade leicht, Zugang zum Buch zu finden. Beide trinken sehr viel, Nina zickt rum und Micha benimmt sich wie ein Teenager, der seine ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht sammeln will. Dieser Eindruck wird durch die teilweise derbe Sprache, die verwendet wird, verstärkt.
Doch nach etwa 60 Seiten ertappte ich mich dabei, dass genau dieser besondere Sprachstil mich an das Buch fesselte. Denn die Sprache ist aus dem Leben gegriffen, lebendig und echt. So spricht man im Alltag und dadurch gelang es mir trotz nicht vorhandener Sympathie eine große Nähe zu den Protagonisten zu erlangen, was mich sehr erstaunt hat.
Die Kapitel sind so aufgeteilt, dass Micha zuerst von den Erlebnissen berichtet und danach erlebt man das Erzählte noch einmal durch Ninas Sicht. Wer denkt, dass das bei 200 Seiten langweilig ist, irrt. Micha hat eine ganz andere Beobachtungsgabe als Nina.
Micha beobachtet nämlich sehr genau. Jede Sichtweise von ihm ist eine Liebeserklärung an Australien und das australische Leben. Die Beschreibungen sind sehr detailliert und genau, wer einmal dort war, findet die Dinge exakt so in seiner Erinnerung wieder. Ob es sich hierbei um die legendären Wicked-Campervans handelt oder um Coles Supermärkte oder den Mindil Beach Sunset Market. Das Lebensgefühl, die Leichtigkeit „no worries!“ und auch diese andersartige Erfahrung, die man macht, wenn man vor dem Uluru steht und durch die Weite des Outbacks sieht, kommen sehr gut zum Ausdruck und lassen einen enorm wehmütig werden.
Genau diese Art von Beschreibungen habe ich mir immer gewünscht. Sie sollen das Reisefieber wecken, sehr genau in den Fakten sein, dann aber doch genug Spielraum zum eigenen Träumen lassen, für die eigene Reise nach Australien, auch wenn sie nur im Kopf stattfinden kann. Das hat das Buch in meinen Augen vollkommen leisten können und das hat mir mit am besten gefallen.
Nina hingegen findet grundsätzlich alles doof, kümmert sich lieber darum, luxuriöse Hotels zu finden und beantwortet die Mails ihrer Arbeitskollegen. Interessant fand ich hierbei vor allem, wie unterschiedlich man ein und dieselbe Sache betrachten kann, wodurch der Leser automatisch entscheiden kann, wie er selbst zu der Handlung steht. Teilt er die Liebe oder empfindet er es als nicht so besonders? Demnach entstand keine inhaltliche Dopplung in der Erzählung, da Nina auch auf Dinge eingeht, die Micha nicht erlebt hat.
Die Protagonisten verändern sich auf dieser Reise. Inwieweit sich das äußert, werde ich an dieser Stelle nicht verraten, aber ich habe gelernt, die beiden Figuren mit ihren Stärken und ihren Schwächen zu akzeptieren, auch wenn es mir nicht immer leicht fiel und merkte, dass ich mich am Ende nur schwer von ihnen lösen konnte.
Das Ende fand ich sehr abrupt und ehrlich gesagt etwas fies. Der Hinweis am Ende des Buches lässt auf autobiographische Erfahrungen schließen, wodurch die Genauigkeit der Beschreibungen herrührt, was dem Buch eine besondere Note verleiht.

Fazit:
Ein Australienbuch, wie man es sich wünscht. Beschreibungen der Ortschaften, Menschen, vor allem aber der einzigartigen Mentalität und das mit einer Detailtreue und Genauigkeit, als wäre man selbst dort gewesen. Ohne Kitsch und historische Auswandererpläne kann das Buch vor der Kulisse Australiens bestehen. Die Protagonisten werden nicht jedermanns Sache sein, sie sind aber absolut authentisch, realistisch und lebensah, wodurch es mir doch gelang, einen Zugang zu ihnen zu finden und mit ihnen mitzufiebern. Die Sprache ist gewöhnungsbedürftig, verleiht dem Buch dann aber doch das gewisse Etwas. Absolute Leseempfehlung!