Rezension

Eine merkwürdige Flaneurin

Lubotschka - Luba Goldberg-Kuznetsova

Lubotschka
von Luba Goldberg-Kuznetsova

So Recht weiß man nicht, wohin mit diesem Roman, dieser Figur. Sie rinnt einem durch die Finger.

Dieses Buch hat mich vor allem deswegen interessiert, weil es in Russland, genauer gesagt in St. Petersburg, spielt und ich Land und Kultur kaum kenne. Viele der darin beschriebenen kulturellen Eigenheiten erschienen mir befremdlich, ebenso wie der Eindruck, den unsere Protagonistin Lubotschka von Deutschland und „dem Westen“ hat. Der Blick, den sie dem Leser auf „ihre“ Stadt gewährt, ist gefärbt von Aufbruch und melancholischer Tauer gleichermaßen, wird sie doch in Kürze ihre Heimatstadt gen Deutschland verlassen.

 

Es dauert eine Weile, bis man sich in der schnell wechselnden Erzählweise zurecht findet. Die Erzählerin springt von einem Gedanken zum nächsten, greift eine Anekdote auf, nur um durch ein Stichwort gleich zur nächsten angeregt zu werden. Währenddessen flaniert sie seitenlang durch die Stadt, lässt uns deren Schönheit, aber auch Eigenheiten durch ihre Augen erleben. Es ist der Blick einer jungen Frau, die gerade das Erwachsenenalter erreicht. Die Sehnsucht nach Abenteuer und Zerstreuung verleitet sie dazu, jede sich ihr bietende Gelegenheit zum Zeitvertreib zu nutzen. Oft wirkt sie getrieben von Vergnügungssucht, weil sie weiß, dass sie bald fort geht, und ihr Handeln grenzt zuweilen an großem Leichtsinn. Bei all dem wirkt Lubotschka jedoch meist merkwürdig unbeteiligt, als würde sie in einer Blase über allem schweben. Doch dies ist nur ein Schutz, den sie um sich herum gebaut hat. In ihr streiten widersprüchliche Gefühle. Die Auffälligsten sind Abneigung bis hin zu Ekel und gleichzeitig eine tief empfundene Liebe zu „ihrer“ Stadt. Beides vereint sich in ihren Eindrücken, während sie scheinbar ziellos durch die Straßen irrt.

 

Fazit: Diese Protagonistin hat es mir sehr schwer gemacht. Sie ist eigensinnig und sperrig, ihr Auftreten, ihre Haltung macht sie unsympathisch. Auf mich wirkte sie meist ablehnend und völlig haltlos. Ja, es gelingt ihr, Stadt und Menschen durch ihren Blick gefiltert zu vermitteln, jedoch ist dieser meist wenig freundlich, sodass der Leser die Liebe in ihren Worten suchen muss. Daher komme ich über drei Sterne nicht hinaus und hoffe, dass Lubotschka den Sinn hinter all dem für sich irgendwann gefunden hat.