Rezension

Eine Mischung aus Roman und Tatsachenbericht

Quattro Stagioni - Stefan Ulrich

Quattro Stagioni
von Stefan Ulrich

Ein Jahr in Rom mit der ganzen Familie – und den Römern
Der Münchner Journalist Stefan Ulrich liebt Italien und die mediterrane Lebensart über alles. Seit seiner Kindheit durfte er immer wieder die schönsten Stunden seines Lebens in Bella Italia verbringen und das Leben in der italienischen Hauptstadt Rom ist für ihn der Inbegriff vom Dolce Vita. Daher steht für ihn fest, dass er eines Tages Italienkorrespondent seiner Zeitung werden möchte. Als der Wunsch irgendwann in Erfüllung geht, zieht er mit Kind und Kegel in eine Wohnung in einem stattlichen Palazzo in Rom. Stefan und seine Frau Antonia verbringen zunächst die ersten Tage ohne die Kinder in der Ewigen Stadt und schon bald erkennen sie, dass diese Entscheidung goldrichtig war. Die beiden sitzen ohne Strom und Gas in der brütenden Augusthitze, vor der die Römer jedes Jahr ans Meer flüchten, in ihrer überhitzten Stadtwohnung.

Bevor das tägliche Leben beginnen kann, müssen also die profanen Dinge eines solchen Umzugs bewältigt werden, doch in Rom ticken die Uhren anders als in Deutschland und die bürokratischen Mühlen mahlen bedeutend langsamer. Daher ist Vitamin B in Italien scheinbar das Geheimnis des guten Lebens. Somit ist der freundliche Neapolitaner Filippo nicht nur als Hausmeister des Palazzo, sondern auch als Vermittler zwischen den Kulturen unverzichtbar. Mit seiner Hilfe fühlen sich Stefan Ulrich und seine Familie schon bald pudelwohl in ihrem großzügigen Apartment im wohlhabenden Stadtteil Prati. In dem kommenden Jahr lernt Stefan Ulrich auch dank Filippo und der Bewohner des Palazzo allerlei Kuriositäten über die Italiener und erzählt daraufhin unzählige Anekdoten, die den Leser  garantiert zum Lachen bringen.

“Es riecht gut auf unserem kleinen Balkon. Wir haben ihn in der vergangenen Woche mit allerlei mediterranen Gewächsen aus einem üppig bestückten vivaio, einem Gartencenter, bepflanzt. Ein Feigenbäumchen, ein Rosmarin, ein Oleanderstrauch, ein Ginster, eine Bougainvillea, lauter Pflanzen also, die sich in Deutschland nur mit Mühe und zumeist im Keller überwintern ließen. Hier, im milden römischen Klima, werden sie sicher prächtig gedeihen, und zwar ohne Schildläuse, Spinnmilben und andere winzige Teufel, die mich zu Hause in München mehr als einmal zur chemischen Keule greifen ließen. Das denke ich zumindest. Erst später wird mir der albanische Angestellte desvivaio gestehen: Wir spritzen das gesamte Pflanzenzentrum jeden Abend mit einem Giftspray ab. Sonst würden uns die Viecher im Nu alles auffressen.” – Seite 64 –

Eine gelungene Mischung aus Tatsachenbericht und dem Spiel mit den Klischees
Irgendwann einmal das triste deutsche Wetter hinter sich lassen und im sonnigen Süden ein neues Leben beginnen: Diesen Plan möchten wohl viele Deutsche verwirklichen. Stefan Ulrich gehört zu den Glückspilzen, für die dieser Traum wahr wird. Dass allerdings auch erfüllte Träume bisweilen anstrengend und nervenaufreibend sein können, bemerkt er schon relativ schnell nach seiner Ankunft. Mit viel Humor berichtet er von den Widrigkeiten des italienischen Lebens. Mich hat ein bisschen überrascht, dass er trotz seiner Liebe zu diesem Land und vieler, vieler Besuche in Bella Italia zumindest für mein Empfinden relativ unwissend in dieses Land zieht. Vielleicht mag diese Unwissenheit jedoch tatsächlich auch einfach an der nervenaufreibenden Bürokratie liegen, die er vermehrt anspricht. Denn Stefan Ulrich erzählt nicht nur humoristische Anekdoten, welche den Klischees des typischen Italieners entsprechen, sondern übt auch regelmäßig in seinem Buch Kritik an dem Land – mal offen, mal versteckt, mal laut und mal leise.

Quattro Stagioni ist eine gelungene Mischung aus einer Art berichtendem Sachbuch und einem Roman mit zahlreichen warmherzigen Anekdoten, die beim Lesen immer wieder ein herzliches Lachen hervorkitzeln. Die Seiten sind im Nu an mir vorbeigezogen, trotzdem kam bei mir nicht so recht die italienische Lust am Leben durch. Zwar versucht Stefan Ulrich den Deutschen einen Einblick in die italienische Lebensart zu geben und auch seinen Alltag widerzuspiegeln, doch wird dieses Unterfangen bezüglich des Alltags immer wieder vom Jammern auf hohem Niveau begleitet. Trotzdem bereitet das Buch einige lustige Stunden.