Rezension

Eine sehr gelungene Sammlung dreier Novellen

Die Seele des Königs - Brandon Sanderson

Die Seele des Königs
von Brandon Sanderson

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dieses Buch ist kein Einzelroman, sondern eine Zusammenstellung von drei Novellen, die man in der Originalversion auch einzeln als z.B. E-Book kaufen kann. Da ich durch die Dreitlung schwer eine Rezension zu dem gesamten Buch machen möchte, werde ich nun die einzelnen Novellen näher beleuchten:

Die Seele des Königs

Worum es geht: Shai ist eine Fälscherin. Mithilfe ihrer Fähigkeiten ist es ihr möglich die Seele der Dinge zu ändern, indem sie ihre Vergangenheit mit einem Siegel umschreibt. Dieses ist im Grunde illegal und wird mit dem Tode bestraft, wenn auch manche Zweige dieser Art von Magie sehrwohl geduldet werden. Nun ist leider der Kaiser nach einem gescheiterten Attentat nicht mehr derselbe, denn eine schwere Kopfverletzung hat ihn seelenlos gemacht. Um der Todesstrafe zu entgehen, soll Shai nun die Seele des Kaisers um- bzw. neu schreiben.

Meine Meinung: Zwar ist diese Novelle nur 162 Seiten lang, doch sie liest sich hervorragend. Ich bin eigentlich gar kein Freund von kurzen Erzählungen, da sie meist oberflächlich sind und von Spannung und Tiefgang keine Spur zu finden ist. Sanderson schreibt hier eindrucksvoll und in bekannter Manier und schafft es auf diesen 162 Seiten eine spannende Episode aus Shais Leben zu erzählen. Die Idee, die sich hinter dieser Novelle verbirgt, hat er von einer Taiwanreise mitgebracht und hätte sie durchaus auch auf ein ganzes Buch ausweiten können. Diese Geschichte ist wirklich gelungen. Dennoch sind mir zwei Dinge negativ aufgefallen: Zum einen meine ich am Ende einen Logikfehler entdeckt zu haben, doch um nicht das Ende vorwegzunehmen, kann ich dies nicht näher erläutern. Zum anderen dachte ich, diese Geschichte sei im Elantris-Universum angesiedelt. Das mag zwar vielleicht auch stimmen, doch Parallelen sind mir nicht aufgefallen. Demnach kann diese Geschichte ohne Probleme von jedem gelesen werden. Ich finde es dennoch schade, ich hätte mir mehr Zusammenhänge zu Elantris gewünscht, obwohl es mit dieser Handlung auch schwer gewesen wäre. Ich habe also etwas anderes erwartet. Trotzdem ist die Geschichte sehr gut!
Dass der deutsche Titel mal wieder unter ferner Liefen ist, müsste ich nicht extra erwähnen, aber ich mache es dennoch: Die Novelle trägt im Original den Titel The Emperor’s Soul. Emperor wird mit Imperator oder Kaiser übersetzt. Soweit so gut. In der Geschichte ist auch stets von einem KAISER die Rede. Wieso heißt die Novelle aber dann plötzlich Die Seele des KÖNIGS und das Buch dann dummerweise auch noch?! Das ist mir ein Rätsel. Solche Dinge finde ich blöd.

Wertung: 9/10 Punkten

Legion

Worum es geht: Stephen Leeds ist kein Mensch wie jeder andere. Er holluziniert und dies ständig. Was er sieht sich Aspekte seiner selbst, von denen jeder für sich genommen Spezialisten in einem Fachgebiet ist. Somit ist Steven eine Person, die nicht nur von Psychologen sehr interessant ist, sondern auch vielerlei Spezialaufträge bekommt, mit denen er seinen Lebensunterhalt verdient. Um einen dieser Aufträge geht es hier: Eine Kamera ist abhanden gekommen, die Fotos aus der Vergangenheit aufnehmen kann. Würde die Technik weit verbreitet werden, wäre die Welt plötzlich eine andere. Nichts wäre mehr geheim, alle Rätsel können gelöst werden. Auch die der Religionen…

Meine Meinung: Auch diese Novelle konnte mich überzeugen. Sie ist aus der Ich-Perspektive Stephens geschrieben und der Leser bekommt so die Gespräche zwischen ihm und seinen Aspekten hautnah mit und es wirkt tatsächlich so, als wären sie real. Dieses ganze Konstrukt des Charakters Stephen ist wirklich sehr gelungen und ebenso gut umgesetzt. Die Figur bietet unheimlich viel Potential für eine – vielleicht phantastisch angehauchte – Krimi/Thriller-Reihe. Auch durch Andeutungen von Stephens Vergangenheit gäbe es noch genug Rätsel und Aufhänger um noch mehr darüber zu schreiben. Ich persönlich würde mich jedenfalls über einen Roman über Stephen und seine Aspekte freuen und es scheint, als würde in dieser Richtung tatsächlich mehr kommen. Zudem hat mir der Fall auch wirklich gut gefallen. Die Möglichkeiten, die eine solche Kamera böte, ist wirklich erschreckend. Zudem verfügt die Novelle über einen gelungenen Spannungsbogen. Sanderson schreibt hier wieder einmal brillant, so dass sich die Novelle wie von selbst liest. Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich mehr Fantasy erwartet habe und in dieser Novelle keine Spur von Fantasy zu finden war. Ein bißchen Mystik, aber keine Fantasy. Dennoch eine wirklich gelungene Novelle, die zu keinem Zeitpunkt langweilig war.

Wertung: 9/10 Punkten

Infinity Blade – Die Klinge der Unendlichkeit

Worum es geht: In jeder Generation gibt es ein Opfer, dessen einziger Lebenszweck es ist, sich auf den einen finalen Kampf mit dem Gottkönig vorzubereiten, diesen anzutreten und … zu verlieren. Daher sind die Dorfbewohner sehr erstaunt, als Siris höchst lebendig von seinem Kampf wieder im Dorf erscheint und auch noch das Schwert des Gottkönigs – die Klinge der Unendlichkeit – mit sich führt. Da die Dorfbewohner vermuten, dass nun die halbe Welt hinter diesem Schwert her ist, wird Siris verbannt und er macht sich auf den Weg zurück zur Burg des Gottkönigs. Eine Reise beginnt, auf der er feststellen muss, dass nichts so zu sein scheint, wie er sein Leben lang geglaubt hat.

Meine Meinung: Anfangs war ich etwas skeptisch, was diese Novelle angeht. Schließlich ist sie eine Prosafassung eines Computerspiels. Zudem habe ich in einigen Rezensionen gelesen, dass die Geschichte wohl mitten in der Handlung aufhört, was zu viel Unmut führte. Ich muss allerdings sagen, dass mir auch diese “Novelle” sehr gut gefallen hat. Da ich nun vorher wusste, dass die Geschichte nicht in sich abgeschlossen ist, kann ich gut damit leben. Allerdings wirkt dieser Text tatsächlich eher wie die ersten Kapitel eines Romanes und Sanderson hat bereits die Fortsetzung Infinity Blade – Redemption veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um High Fantasy, was mich sehr gefreut hat, vor allem, weil es noch so viel zu entdecken gibt

Wertung: 9/10 Punkten

Fazit: Die drei enthaltenen Geschichten in diesem Buch haben mich ausnahmslos überzeugt. Von allen dreien hätte ich liebend gern mehr gelesen. Von zweien dieser drei Novellen wird es auf jedenfall eine Fortsetzung geben und da frage ich mich doch ernsthaft, wieso Heyne nicht gewartet hat und lieber die zusammenhängenden Novellen/Geschichten in einem Band veröffentlicht statt dieses Sammelsurium. Ich persönlich hätte lieber gewartet, um sie dann alle an einem Stück – romanähnlich eben – lesen zu können. Wer gute phantastische Kurzgeschichten/Novellen mag, ist bei diesem Buch auf jeden Fall sehr gut beraten. Vor dem Kauf sollten auf jeden Fall zwei Dinge klar sein: Es sind nur drei Geschichten, kein Roman und die letzte Geschichte ist nicht in sich abgeschlossen und mindestens eine Fortsetzung wird folgen. Wenn das klar ist, stehen gemütlichen Schmökerstunden nichts mehr im Wege.
Der einzige Wermutstropfen ist jedoch der Titel. Es ist ein KAISER in der ersten Geschichte kein KÖNIG…