Rezension

Eine spannende Lebensgeschichte mit einigen Überraschungen

Aufstieg und Fall des Wollspinners William Bellman - Diane Setterfield

Aufstieg und Fall des Wollspinners William Bellman
von Diane Setterfield

Bewertet mit 5 Sternen

Mit diesem Buch überreicht uns der Blessing Verlag eine spannende Gesellschafts- und Entwicklungsgeschichte angesiedelt in England Ende des 19. Jahrhunderts.

Dies ist keine trockene Abhandlung, sondern eine spannend erzählte Lebensgeschichte, wie sie sich gut und gerne zugetragen haben könnte. 

William Bellmann ist ein in einfachen Verhältnissen aufgewachsener junger Mann, als sein Onkel ihn mit der Arbeit in seiner Wollspinnerei vertraut macht. Mit Wissensdurst, Intelligenz, sehr viel Ehrgeiz und einer guten Portion Glück überzeugt William nicht nur seinen Onkel, sondern schafft einen enormen gesellschaftlichen Aufstieg. Diane Setterfield gibt uns hier einen guten Einblick in die Gesellschaft und die industrielle Entwicklung der damaligen Zeit.

William Bellmann findet seine große Liebe und gelangt an einen Punkt, an dem er alles zu verlieren scheint. Sein Leben wird durch Arbeit, Arbeit und noch mehr Arbeit bestimmt, wobei sein Ehrgeiz darin besteht, immer größere wirtschaftliche Erfolge zu erzielen. Hierbei zeigt er sich dem industriellen Fortschritt offen zugeneigt. Mit fortschrittlichen modernen Ideen schafft er ideale Arbeitsbedingungen, um sein Unternehmen attraktiv und wettbewerbsfähig zu halten. Bellman stellt eine Art Vorreiter seiner Zeit dar.

 

Nach großen persönlichen Verlusten vergräbt er sich immer mehr in seiner Arbeit und verliert das Zwischenmenschliche fast aus den Augen. Sein schon in frühester Jugend ausgeprägter Hang zum Pragmatismus verstärkt sich mit zunehmenden Alter und den erlittenen Verlusten. Für mich errichtet er sich seine eigene heile Welt, in der er die Selbstbestätigung findet, die ihm das wahre Leben nicht mehr bieten kann. Entsprungen aus der Angst vor weiteren Verlusten, die seine Seele und sein Herz berühren könnten, errichtet er unbewusst eine Art Mauer um sich herum. In einem gewissen Sinn mutiert er zu meinem Eremiten. Mit der Zeit verliert er sogar die Fähigkeit, mit seiner geliebten Tochter das einst enge liebevolle Verhältnis aufrechtzuerhalten. Die beiden entfernen sich immer mehr voneinander.

Erst am Ende seines Lebens erinnert er sich der wahrhaft wichtigen Momente, der kleinen Gesten und Menschen, die sein Leben im eigentlichen Sinne bereichert haben. Er verliert seine so verborgenen Ängste, öffnet für einen kurzen Moment sein Herz und erlebt noch einmal einen fast ungetrübten Augenblick des längst verloren geglaubten Glücks.

Die Autorin versteht es meisterhaft den Leser zu fesseln. Mit Parabeln sowie Informationen zu den immer wieder präsenten Krähen plus einem Hauch Mystik legt Diane Setterfield einen spannenden Roman vor, der mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zog.

Was es mit den Krähen und dem geheimnisvollen Mr. Black auf sich hat, möchte ich hier nicht verraten oder erläutern. Ich würde euch so die Spannung nehmen und ich fand es unheimlich interessant, was sich hinter diesen mysteriösen Szenen und Einblendungen verbirgt. Vielleicht werdet ihr überrascht.

Trotz des dunklen Beginns und der mystischen Momente, ist dies kein Krimi, kein Mystery- oder Fantasy-Roman sondern eher eine Art Lebensgeschichte. Ich denke, der Klappentext und Einstieg in die Geschichte machen recht neugierig, lassen aber zukünftige Leser eine andere Geschichte vermuten, wodurch der ein oder andere das Buch eventuell enttäuscht beiseitelegen wird.

Ich empfehle, den Roman ganz unvoreingenommen zu lesen und sich so von einer guten Geschichte überraschen zu lassen.