Rezension

Eine Stadt versinkt im Chaos

In den Straßen die Wut - Ryan Gattis

In den Straßen die Wut
von Ryan Gattis

Am 3. März wird der Afroamerikaner Rodney King in Los Angeles von vier Polizisten fast zu Tode geprügelt. Ein Gerichtsverfahren wird eingeleitet. Die Urteilsverkündung ist ein Jahr später, am 29. April 1992. Die Polizisten werden freigesprochen.

Am gleichen Tag. Los Angeles. South Central. Die Wut bricht sich Bahn. Die Unruhen breiten sich aus. Eine Stadt versinkt im Chaos.

Vor diesem Hintergrund entfaltet der in Los Angeles lebende Autor Ryan Gattis (zum Zeitpunkt der „Riots“ 14 Jahre alt) seinen zeitgeschichtlichen Roman „In den Straßen die Wut“, basierend auf über zweijähriger Recherchearbeit und unzähligen Gesprächen/Interviews mit Gangmitgliedern und „normalen“ Angelenos, die diese Ereignisse hautnah miterlebt haben. Recht schnell kristallisiert sich heraus, dass die politische Komponente der Unruhen nur eine Nebenrolle gespielt hat. Vielmehr sind die chaotischen Verhältnisse, die in den Vierteln herrschen, bestens dafür geeignet, Rechnungen zu begleichen und die Auseinandersetzungen rivalisierender Gangs zu verschleiern. Dabei sind es nicht, wie man vermuten könnte, afroamerikanische sondern vielmehr Latino-Gangs, die in den Vierteln das Sagen haben und deren Bandenkämpfe der Autor schildert.

Gattis lässt die sechs Tage dieses Ausnahmezustand in Los Angeles aus der Perspektive von siebzehn involvierten Beteiligten schildern, die jeweils ihre Sicht wiedergeben. Und da er nicht nur Gangmitglieder sondern beispielsweise auch eine Krankenschwester und einen Feuerwehrmann zu Wort kommen lässt, entsteht aus diesen verschiedenen Sichtweisen ein realistisches Abbild des Lebens und Sterbens in den Ghettos von Los Angeles.

Die Bilanz dieser sechs Tage ist erschreckend: 53 Tote, mehrere Tausend Verletzte und Sachschäden in Höhe von ca. einer Milliarde US-Dollar.

Gattis’ Reportage-Roman wurde mehrfach ausgezeichnet, und auch die Filmrechte hat sich zwischenzeitlich das amerikanische Time Warner Unternehmen HBO gesichert, um daraus eine Fernsehserie zu produzieren. Man darf gespannt sein!