Rezension

Eine starke Frau

Sterne über der Toskana - Karin Seemayer

Sterne über der Toskana
von Karin Seemayer

Bewertet mit 5 Sternen

„...Man zeigt einen jungen Mann nicht offen, dass man ihn gern hat, pflegte sie zu predigen. Dann nehmen sich die Herren Freiheiten heraus. Seien sie sparsam mit ihren Gunstbeweisen, nur dann wird man Sie achten...“

 

Wir schreiben das Jahr 1857. Im Mädcheninternat in Florenz findet die Abschlussveranstaltung statt. Dabei sind Gianna und ihre Freundin Rosanna. Gianna freut sich auf die Heimkehr und das Wiedersehen mit Angelo, ihrem Verlobten und Rosannas Bruder. Das Eingangszitat stammt von der Leiterin des Internats.

Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman mit einer starken Protagonistin geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Es ist der dritte Band einer Reihe. Er kann durchaus ohne Kenntnis der Vorgänger gelesen werden, weil es hier um die nächste Generation geht.

 

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Gianna wird schon auf den ersten Seiten gut charakterisiert. Das liest sich so:

 

„...Diese Fächer hatten Gianna sehr viel mehr interessiert, und sie war in Mathematik und Geschichte Klassenbeste geworden. Das allerdings hatte Frau Colleone nicht der Rede wert gefunden. Stattdessen hatte sie wortreich bedauert, dass Gianna wegen ihres lebhaften Temperaments und ihres Widerspruchsgeistes die höchste Auszeichnung der Schule, die Medaille für Sanftmut, nicht erhalten konnte...“

 

Schnell zeigt sich, das die Gesellschaft tief gespalten ist. Während Angelos Eltern treu zu den Habsburgern stehen und auf einen Adelstitel hoffen, stellen sich Giannas Bruder in die Reihe derer, die sich gegen Habsburg auflehnen. Angelo erweist sich als gefügiger Sohn seiner Eltern. Er lässt die Verlobung mit Gianna lösen, will heißen, er hat nicht einmal den Mut, ihr das selbst ins Gesicht zu sagen.

Gianna braucht eine Weile, um den wahren Charakter von Angelo zu entdecken. Dann entschließt sie sich, zu ihrer Tante Emilia nach Mailand zu fahren. Dort sollte ihr Leben eine neue Wendung nehmen.

Gekonnt wird das Leben von Gianna und ihrer Familie in die politischen Auseinandersetzungen der Zeit eingebettet. Gute Nachbarn werden plötzlich zu Feinden oder zumindest Gegner.

Gianna nimmt kein Blatt vor den Mund. Auch in Mailand sagt sie offen ihre Meinung. Bei manchem kommt das gut an, bei anderen weniger, zumal sie sehr direkt werden kann. Das klingt dann so.

 

„...Darf ich Sie fragen, Signore, was Sie bereit sind zu opfern? Haben Ihre Söhne, Brüder oder Sie selbst sich an den Kämpfen beteiligt? Zumindest stehen Sie gesund und munter vor mir...“

 

Gianna kann sehr temperamentvoll werden, sie macht kein Hehl daraus, dass sie Krieg und Kampf ablehnt.

Einbezogen in die Handlung werden auch die Ausbildung und die Probleme beim Militär. Die Schlacht von Solferino wird für Österreich zur bitteren Niederlage. Hier allerdings setzt die Autorin einen Mann mit wenigen Zeilen ein Denkmal, der später zum Gründer des Roten Kreuzes werden sollte.

Henry Dunant hat dafür gesorgt, dass alle Verletzten die nötige medizinische Behandlung bekamen, egal auf welcher Seite sie gedient hatten. Bei der Beschreibung von Verletzungen belässt es die Autorin glücklicherweise bei wenigen Beispielen. Das betrifft Protagonisten, die eine wesentliche Rolle im Geschehen spielen.

Sehr gut gelingt es der Autorin, die Emotionen ihrer Protagonisten durch ihr Tun und Handeln wiederzugeben, sei es die Trauer von Giannas Familie um den Sohn, Maurizios stille Liebe oder Giannas Hoffnung auf eine Zukunft in Frieden.

Ein ausführliches Personenregister ist dem Buch vorangestellt.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Nicht nur an einer Stelle wird deutlich, wie sinnlos Kriege sind Sie zerstören das Leben hoffnungsvoller junger Menschen.