Rezension

Eine süß-saure Liebeserklärung an das Reich der Mitte

Darum nerven Chinesen - Heike Barai

Darum nerven Chinesen
von Heike Barai

Zum Inhalt: In ihrem Buch "Darum nerven Chinesen" schildert die Autorin Heike Barai, studierte Sinologin mit intensiver Kenntnis des Reichs der Mitte und seiner Einwohner, Wissenswertes, Skurriles, aber auch Kritisches über den Alltag der Chinesen und die chinesischen Gepflogenheiten. Nach eigener Aussage ist es eine "süß-saure Liebeserklärung" an das Land - eine in meinen Augen sehr treffende Beschreibung des Buches, denn während die Autorin sowohl die liebenswerten Eigenarten der Chinesen und vielerlei aus unserer Sicht eher komisches und verrücktes Verhalten beschreibt und auch begündet, klingen bei den Themen Tierschutz, Umweltschutz, soziales Gefüge, chinesische Streitkultur uvm. doch auch kritische Töne an.

Aus den unterschiedlichsten Bereichen schildert die Autorin Unterhaltsames, aber auch merkwürdig Anmutendes - so geht es um die Zweideutigkeit chinesischer Schriftzeichen und die mehrdeutige Symbolik von Zahlen, sanitäre Anlagen in China, chinesisches Büroleben, chinesische Streitkultur, chinesische Reisekultur, die Einstellung der Chinesen zu Religion und Aberglauben, natürlich um Karaoke (mit allem, was dazu gehört…), und warum man als Europäer kaum vermeiden kann, in ein Fettnäpfchen nach dem nächsten zu treten, uvm. 

Sehr unterhaltsam wird außerdem die Sicht der Chinesen auf uns westliche Ausländer (Langnasen) geschildert.

 

Eigene Meinung: Meiner Meinung nach ist der Autorin eine gute Mischung aus Unterhaltung und Information gelungen. Sowohl positive als auch negative Aspekte aus der chinesischen Gesellschaft und Lebensweise werden geschildert, so dass das Buch gleichermaßen zum Lachen aber auch zum Nachdenken anregt. Natürlich ist es dabei (auch aufgrund seiner Kürze) nur ein Abriss, welcher aber Interesse weckt, sich über bestimmte Bereiche umfassender zu informieren.

Der Schreibstil ist sehr leicht und das Buch lässt sich flüssig lesen. Bis auf ein, zwei Kapitel, die mir etwas langwierig wurden (was aber daran liegt, dass ich mich für chinesische Götter und Götterglauben einfach zu wenig interessiere), hat mich das Buch sehr gut unterhalten und hat mir viele Aspekte, die ich über China und seine Einwohner nicht wusste, auf sehr amüsante Art und Weise vermittelt.

Gefallen haben mir sehr viele kleine interessante Details, über die man normalerweise nichts erfährt, wenn man sich eher faktenbasiert über China informiert, z.B. habe ich mich schon öfter gewundert, warum alle Chinesen mit Nachnamen Wang, Li, Liu, Zheng oder ähnlich heißen. Im Buch habe ich dann erfahren, dass tatsächlich 20% aller Chinesen diese Namen tragen und dass es für ein so großes Volk von 1,3 Milliarden Menschen nur ca. 700 Nachnamen gibt. Sehr schön beschrieben auch das Verhältnis der Chinesen zum Handy - " Rein statistisch gesehen scheinen Chinesen noch vor der Rassel zum Handy zu greifen." - Darin werden wir ihnen vermutlich nicht mehr lange nachstehen...

Sehr amüsant war außerdem die Verwendung von Kosenamen bei Verliebten: während uns Kosenamen wie "Schatz" und "Liebling" auch hier geläufig sind, würden wir wohl bei der Verwendung von "Herz-Leber" oder "Schweinekopf" wohl etwas merkwürdig aus der Wäsche schauen.

Auch für mich überraschend waren die vielen unterschiedlichen Arten des chinesischen "Nein"-Sagens: zuvor hatte ich das offensichtlich falsche Bild im Kopf, dass die Chinesen aus Häflichkeit, und um ihr Gesicht zu wahren, ein Volk notorischer "Ja-Sager" sind,  aber offensichtlich ist dies eher bei den Japanern so. Sehr interessant zu lesen, wie die meisten Formen des chinesischen "Neins" für uns unwissende Westler kaum zu verstehen sind und somit ausreichend Gelegenheit bieten, sich selbst (und mitunter auch sein Gegenüber) bis auf die Knochen zu blamieren…

Für alle, die sich für China interessieren und eine Reise dorthin planen, würde ich das Buch auf jeden Fall  empfehlen, da insbesondere zwischenmenschliche Unterschiede zwischen uns Europäern und Chinesen recht anschaulich vermittelt werden. Für alle anderen ist es kein Must-Read, aber definitiv eine interessante und abwechslungsreiche Unterhaltung.