Rezension

Eine unbedingte Leseempfehlung

Der Angriff -

Der Angriff
von Serhii Plokhy

Bewertet mit 5 Sternen

Seit über 500 Tagen tobt der Krieg in der Ukraine. Eine „Invasion, die Putin als „Militäroperation“ bezeichnete und die nur ein paar Tage oder höchstens ein paar Wochen dauern sollte, wurde zum größten konventionellen Krieg in Europa seit 1945.“

 

Die Nachrichten sind voll von ausländischen Expertenberichten und voll von Propaganda beider Seiten. Nun kommt

mit Serhii Plokhy ein ukrainischer Historiker zu Wort, der die schwierige aktuelle Lage der Ukraine, die nicht erst am 24. Februar 2022 begonnen hat, sehr gut beurteilen. Wie schon in seinem 2022 erschienen Buch „Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine “ stellt der Autor und Historiker die Fakten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine in 13 Kapiteln, wenn auch mit viel Herzblut, aber dennoch sachlich dar:

 

Der Kollaps eines Imperiums
Demokratie und Autokratie
Nukleare Implosion
Das neue Osteuropa
Der Eröffnungszug: die Krim
Aufstieg und Fall von »Neurussland«
Putins Krieg
Vor den Toren Kiews
Ostfront
Das Schwarze Meer
Gegenoffensive
Die Rückkehr des Westens
Die Hinwendung nach Asien

 

Der Epilog lässt leider für einen baldigen Frieden oder zumindest einen Waffenstillstand wenig Hoffnung. Die Kritik am lethargischen Westen, der sich von Putins Russland an der Nase herumtanzen ließ und lässt, ist wohl berechtigt.

 

Ergänzt wird die Darstellung durch zahlreiche Landkarten sowie Zitate, die für uns ziemlich schräg klingen.

„So verglich sich Putin nicht nur mit sowjetischen Führern wie Nikita Chruschtschow, , sondern auch mit den russischen Kaisern Peter I. von Russland, Alexander II. von Russland und Kaiserin Katharina II. von Russland. Deren Büsten und Porträts fanden ihren Weg in Putins Vorzimmer im Kreml, und sein Pressesprecher Dmitri Peskow, Dmitri bescheinigte seinem Vorgesetzten ein großes Interesse an Geschichte. »Putin liest ständig«, verriet Peskow einmal, »vor allem über die Historie Russlands. Er verschlingt Memoiren, die Erinnerungsbücher historisch bedeutsamer russischer Staatsmänner.« Während des Corona-Lockdowns 2020/21 hat Putin „Über die historische Einheit von Russen und Ukrainern“ (Essay 2021) sich zweifellos noch mehr in die Geschichtslektüre vertieft. Und er las nicht nur, sondern griff auch selbst zur Feder.“ (siehe Kapitel 7)

 

Dieses Buch entstand zwischen März und Dezember 2022, im ersten Jahr des von Russland als „Militäroperation“ apostrophierten Angriffskrieg gegen die Ukraine. Es ist nicht klar wann und wie er enden wird. Es ist unklar, welche tiefgreifenden Änderungen auf die Ukraine, Europa und die übrige Welt zukommen werden.

 

“Die Weltordnung, die am Morgen des 24. Februar 2022 existierte, als Russlands Invasion begann, hat den Angriff überstanden, aber in dem umfassenden russisch-ukrainischen Krieg ist der sich abzeichnende Trend hin zu ihrer Transformation so deutlich zutage getreten wie nie zuvor. Statt den Weg zu der multipolaren Welt zu bahnen, auf die Russland seine Hoffnungen setzte, hat der Konflikt eine Rückkehr zur bipolaren Welt des Kalten Krieges vorgezeichnet, deren Zentren nun nicht mehr Washington und Moskau, sondern Washington und Peking heißen werden.“

 

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

 

Über den Autor (Quelle: Verlag/vlb)

 

Serhii Plokhy, Jahrgang 1957, ist Professor für ukrainische Geschichte in Harvard und Direktor des dortigen Ukrainian Research Institute. Er ist Autor zahlreicher Bücher zur osteuropäischen Geschichte, darunter The Last Empire. The Final Days of the Soviet Union (2014), für das er den Lionel-Gelber-Preis erhielt, und Chernobyl. History of a Tragedy (2018), das mit dem Baillie-Gifford-Preis ausgezeichnet wurde. Auf Deutsch ist von ihm zuletzt „Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine (2022)“ erschienen.

 

 

Fazit:

 

Diesem Sachbuch, das die komplexe Materie „Angriff auf die Ukraine“ sachlich und sehr gut verständlich erklärt, gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.