Rezension

Eine wunderschöne Geschichte

Das Labyrinth der Wörter - Marie-Sabine Roger

Das Labyrinth der Wörter
von Marie-Sabine Roger

Bewertet mit 5 Sternen

Germain Chaze ist Mitte Vierzig, hat keinen Schulabschluss und lebt von Gelegenheitsjobs. Er wohnt im Wohnwagen im Garten seiner Mutter, zu der er von klein auf ein schlechtes Verhältnis hat, da er ein „Unfall“ war. Er ist nahezu Analphabet und hat nie in seinem Leben Liebe erfahren. Doch dann lernt er eines Tages im Park beim Taubenzählen die alte Margueritte kennen, und diese Begegnung ändert sein Leben.

„Das Labyrinth der Wörter“ ist eine wunderschöne Geschichte von Marie-Sabine Roger. Es sind tolle, authentische Charaktere, dies zeigt sich vor allem in den Schilderungen und Überlegungen Germains, dem Ich-Erzähler der Geschichte. Ich musste oft schmunzeln, zu welchen Schlussfolgerungen Germain manchmal kommt.

Germain mag vom IQ nicht besonders intelligent sein, aber vom Herzen her ist er es auf jeden Fall, trotz seiner bisherigen Lebensgeschichte. Er spricht viele wahre, meiner Meinung nach sehr kluge Dinge aus. Ein Beispiel: „Zuneigung ist etwas, das im Verborgenen wächst. Sie schlägt einfach Wurzeln und wuchert dann schlimmer als Quecken. Wenn es erst einmal so weit ist, ist alles zu spät: Das Herz kann man schließlich nicht mit Unkrautfrei behandeln, um die Zärtlichkeit darin auszurotten“ (S. 157). Und er trifft mit Margueritte eine Person, die ihn so annimmt wie er ist, und ihn trotzdem als Mensch verändert.

Eine klare Leseempfehlung von mir!

Übrigens, eine Aussage Marguerittes passt wohl auf die meisten WLD-Nutzer: „>Um Kindern das Lesen nahezubringen, muss man ihnen laut vorlesen.< Und sie hat hinzugefügt: >Wenn man es gut macht, dann werden sie davon abhängig, wie von einer Droge. Später, wenn sie größer sind, brauchen sie Bücher<“ (S. 77).