Einer von den Guten, der Böses tut.
Bewertet mit 5 Sternen
Einer von den Guten, Jan Costin Wagner
Galiani Verlag, 2023
Ich bin durch eine Buchvorstellung von Elke Heidenreich auf dieses Buch, bzw. diese Reihe aufmerksam geworden.
Ben Neven ist leitender Ermittler in einem Fall von Kindessmißbrauch, er ist also einer von den Guten. Einer von den Guten, der Böses tut. Denn er ist selbst pädophil veranlagt und hat die rote Linie bereits überschritten.
Dieser dritte Band der Reihe ist kein Krimi mehr, sondern das Buch, auf das die beiden anderen Bücher meiner Meinung nach hinsteuern.
Hier befasst sich der Autor fast ausschließlich mit Bens Gedanken und Gefühlen. Ben, der mit sich und seine dunklen Seite hadert, sich aber auch etwas vormacht.
„Ben stoppt den Wagen, lächelt, hofft, dass der Junge das Lächeln verstehen wird. Dass er es lesen kann. Alles soll im Einvernehmen passieren, im Einklang. Danach sind wir Freunde.“
Gleichzeitig lässt Jan Costin Wagner auch das Opfer, Adrian, den Jungen, den Ben Neven wöchentlich auf dem Parkplatz trifft, zu Wort kommen.
Adrian, der durch Vera lernt, dass das Leben auch anders sein kann, dass die Welt nicht nur ein Ort ist, den man so betrachten muss, als gäbe es ihn nicht.
Dass nicht alles nur Materie ist. Alles nur Zeug.
Aber der Parkplatz von Ben, sein Parkplatz, sein Junge, wird ins Visier genommen. Seine Kollegen haben Hinweise auf den Kinderstrich dort bekommen. Jetzt wird es schwer für Ben, und seine ambivalenten Gefühle zwischen falscher Zuneigung zu dem Jungen und dem Gefühl, selbst ein Monster zu sein, erstarken immer mehr. Wir erleben seine Zerrissenheit hautnah mit, wenn er sich sein Verhalten schönredet, aber das des pädophilen Pfarrers schwer verurteilt.
Es ist schwer, Worte zu finden, die dieses Buch beschreiben können, die nicht zu sanft mit dem Charakter Ben umgehen. Denn die Thematik ist kaum auszuhalten.
Der Autor findet allerdings die passenden Sätze, die passenden Wörter, um dieses Ungeheuerliche so darzustellen, dass man sich nicht angewidert abwendet, sondern dem Einblick in die Zerrissenheit Ben Nevens und in die Gefühlswelt Adrians folgt.
Ein absolut lesenswerter Roman.
Unbedingt sollte man jedoch vorher die anderen beiden Bände lesen, da insbesondere die Figur Ben Nevens mit jedem Band weiterentwickelt wird und die gesamte Geschichte mit ihren Charakteren perfekt aufeinander abgestimmt ist.