Rezension

Eines der besten Enden die ich je gelesen habe !

Sweet Tooth - Ian McEwan

Sweet Tooth
von Ian McEwan

Ein überraschendes Buch, mit einem Ende, welches sowohl überrascht als auch zum Überdenken der Geschichte anregt.

Meine Erwartungen an "Sweet Tooth" waren hoch, und wurden nach den ersten 50 Seiten vorerst enttäuscht: In diesem Buch geht es nicht um  hochkarätige Spionagefälle während des Kalten Krieges, rasante Enthüllungen, oder einen geheimen Krieg außerhalb der Reichweite der Öffentlichkeit. Es geht um Serena, eine intelligente, junge Frau, die einen Studienabschluss in Mathematik hat, auch wenn ihre eigentliche Leidenschaft in Büchern zu finden ist. Durch eine mehr oder weniger zufällig entstandene Affäre gerät sie an das MI5 und wird als Agentin übernommen. Ab diesem Zeitpunkt liegt der Fokus der Geschichte auf Serena's persönlicher Welt: Wie sie was empfindet, warum sie wie handelt oder auch wie sie mit ihren Mitmenschen umgeht. Die Person an sich ist nicht unbedingt die charmanteste, aber unheimlich interessant, und in vielerlei Hinsicht anders als die Frauen ihrer Umgebung und ihrer Zeit. Auch wenn das MI5 im Mittelpunkt steht, geht es erschreckend wenig um Spionageangelegenheiten, sondern mehr um die Verwicklungen, in die Serena durch ihre Arbeit hineingezogen wird, und welche sich unweigerlich mit ihrem Privatleben verweben. Allen voran geht es um Sex und um Liebe in einem Umfeld, in welchem beides zum  Verhängnis werden kann.

Ian McEwan erzählt detailreich und sehr überzeugend, welche Probleme Serena bewältigen muss, und überzeugt den Leser zweifellos von der Individualität der "Heldin", auch wenn dieser Begriff im Bezug auf Serena nicht unbedingt passend ist: Aufgrund der Zeit in der sie lebt, und der gegebenen Umstände gerät sie in Schwierigkeiten, die sich nicht vermeiden lassen. Die individuellen Entscheidungen, die Serena trifft, muss der Leser nicht unbedingt verstehen oder teilen, um wissen zu wollen wie sich diese auswirken. McEwan baut während des kompletten Buches eine Spannung auf, die einen unterschwellig nicht mehr los lässt. Es ist nicht so, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann, aber der Leser kann dennoch nicht darauf verzichten das Ende sehen zu wollen. Und das hat es in sich: Im letzten Kapitel nimmt die Geschichte eine Wendung, die den Leser dazu bringt, die ganze Gecshichte, von Anfang an in Frage zu stellen, und jede einzelne Station der Geschichte noch einmal zu überdenken. Das Ende ist, ohne zu viel verraten zu wollen, sowohl überraschend als auch genial.

Für Leser, die sich gerne überraschen lassen, und sich selbst auch gerne unterschwelliger Spannung aussetzen, ist dieses Buch absolut empfehlenswert !