Rezension

einfach großartig

Die Schöne des Herrn - Albert Cohen

Die Schöne des Herrn
von Albert Cohen

Cohen zeigt hier das auf, was uns Shakespeare in Romeo und Julia durch den Kunstgriff des schnellen Todes der beiden Hauptfiguren ersparte: Den bitteren Todeskampf einer anfangs wundervollen Liebe.

Die Schöne des Herrn ist ein Roman, der sich nicht so leicht greifen lässt. Neben der Liebesgeschichte behandelt er eine Vielzahl von weiteren Themen, die sich immer wieder abwechseln. Kaleidoskopartig sind die einzelnen Szenen zusammengesetzt und schaffen so eine ganz besondere Atmosphäre. Immer wieder wird der Leser aus einem Bild herausgegriffen und in ein neues, völlig anderes hineinkatapultiert, in welchem er sich erst einmal zurecht finden muss. Beispielsweise gewährt uns Cohen einen Einblick in das Leben der Genfer Oberschicht, seine staubtrockenen Schilderungen des Bürokratendaseins verlangen dem Leser einiges an Geduld ab, sprühen aber auch vor Witz und Ironie. Für morgenländisch anmutende Szenen sorgen die Auftritte Solals Cousins, aber auch der aufkeimende Antisemitismus findet Platz in diesem Werk. Vor allem aber ist Albert Cohens Die Schöne des Herrn eine Geschichte der Liebe, ohne jedoch eine Liebesgeschichte zu sein. Das zweifellose Herzzstück des Romans – Solals Rede – lädt den Leser geradezu ein, im Salon der Hauptfigur Platz zu nehmen und den Geheimnissen eines Don Juans zu lauschen. Er wird Zeuge einer aufkeimenden Liebe und begleitet das Paar durch ihre Höhen und Tiefen. Cohen ist in der Lage das himmelschreiende Glück, den Überschwang der Gefühle und die fast schon dümmlich anmutenden Rituale einer anfangenden Liebe einzufangen und so zu Papier zu bringen, dass es dem Leser scheint, er selbst sei Teil des Paares. Leider trifft dies auch auf die Kehrseite zu und so werden wir Zeuge, wie diese Liebe, die eine Absolute ist und keinerlei Ablenkung duldet, langsam an sich selbst erstickt. Cohen zeigt hier das auf, was uns Shakespeare in Romeo und Julia durch den Kunstgriff des schnellen Todes der beiden Hauptfiguren ersparte: Den bitteren Todeskampf einer anfangs wundervollen Liebe.

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