Rezension

Einfach schrecklich

The Catcher in the Rye - Jerome D. Salinger

The Catcher in the Rye
von Jerome D. Salinger

Bewertet mit 1 Sternen

Unfassbar unsympathischer Hauptcharakter, grauenhafter Schreibstil und es passiert nichts - Wieso ist das ein Klassiker?

Inhalt

Der 16-jährige Holden ist mal wieder von einer seiner Schulen geflogen und beschließt nach einem Streit spontan, diese noch vor Beginn der Ferien zu verlassen. Nach Hause kann er jedoch nicht, da er nicht will, dass seine Mutter sofort von seinen Verweis erfährt.
Daher treibt er sich noch einige Tage in New York rum.

Meinung

Grob gesagt lege ich bei Büchern auf drei Punkte besonders wert: Handlung, Charaktere und Schreibstil. "The Catcher in The Rye" ("Der Fänger im Roggen") hat es in meinen Augen geschafft, in allen dreien zu versagen.

Schon auf den ersten Seiten fällt der Schreibstil ins Auge, der von Umgangssprache und ungewöhnlichen Sprechmustern geprägt ist. Holden, der die Geschichte erzählt, spricht in einem ziemlich rohen, unstrukturierten Slang. Er zieht beispielsweise mehrere Wörter zu einem zusammen ("whatsaname" statt "what's her name"), was beim Lesen oft schwer zu entziffern ist, wenn man noch nicht dran gewöhnt ist, oder wiederholt bestimmte, inhaltsleere Formulierungen mehrmals pro Seite (zB. hängt er "and all" oder "or something" an viele Sätze ran oder relativiert Aussagen mit "sort of", unabhängig davon, ob es passend ist oder nicht).
Zudem nennt er ausnahmslos jede Person, über die er redet, "old", völlig egal ob es sich um seinen "alten" Lehrer, seinen "alter" Schulkameraden oder seine "alte" kleine Schwester handelt.
Die Formulierung "that kills me" taucht ebenfalls häufig in verschiedenen Kontexten auf, sowohl wenn etwas Holden aufregt, als auch wenn er es toll findet. Andere Dinge machen ihn stets "depressiv" - eine Formulierung, die ebenfalls leicht ihre Wirkung verliert, da er sie inflationär verwendet.
Insgesamt ist das Buch durch diesen Schreibstil extrem anstrengend zu lesen, da das Auge immer über die ständigen Wortwiederholungen und Stillosigkeiten stolpert, sodass man sich kaum auf den Inhalt konzentrieren kann. Authentizität hin oder her, das war wirklich nicht angenehm zu lesen und es wundert mich, dass Englisch das einzige Fach ist, in dem Holden nicht durchgefallen ist.

Auch Beleidigungen gehören zu seinem absoluten Lieblings-Repertoire, denn Holden kann scheinbar nichts und niemanden leiden. Selbst wenn er jemanden als "ganz in Ordnung" beschreibt, relativiert er diese Aussage sofort wieder, indem er irgendetwas Negatives zu berichten findet. Zudem ist offenbar jede Person aus seinem Bekanntenkreis und auch alle anderen Menschen, die er trifft, "phony", also heuchlerisch. Das ist vor allem insofern ironisch, dass er sich trotzdem mit ihnen abgibt und sie nie offen kritisiert, was ihn selbst zum Heuchler macht. Doch sich selbst und seine Handlungen reflektiert Holden eigentlich nie.
Seine negative, sprunghafte und unentschlossene Art macht es schwer, ihm auch nur ein Fünkchen Sympathie entgegenzubringen, was bei mir dazu führte, dass ich auch kaum noch Lust verspürte, mir etwas über seine Erlebnisse und Gedanken durchzulesen.
Das vermutlich einzig halbwegs sympathische an diesem Protagonisten ist, dass man schnell merkt, dass er mit seinen eigenen Gefühlen nicht umgehen und diese nicht wirklich deuten kann - ein Problem, dass viele Jugendliche in der Pubertät haben.
Trotz allem stellt sich mir die Frage, wieso "The Catcher in the Rye" gemeinhin als einer der ersten, guten "Coming of Age"-Romane bezeichnet wird, denn zum Glück kenne ich zumindest keinen einzigen Teenager, der sich so verhält wie Holden. Er ist definitiv kein Maßstab und kein Vorbild oder auch nur eine Identifikationsfigur für Jugendliche, die mit dem Erwachsenwerden zu kämpfen haben.

Das allein hat das Lesen für mich schon sehr schwer gemacht, doch die "Handlung" gab mir den Rest. Das Buch spielt an wenigen Tagen und ist nicht sehr dick, aber dennoch ist J. D. Salinger die zweifelhafte Kunst geglückt, so gut wie gar keine Handlung einzubauen. Holden läuft viel herum, trifft mehr oder weniger freiwillig einige Menschen und ansonsten raucht und trinkt er hauptsächlich und schweift in Erinnerungen oder lenkt vom Thema ab. Durch letzteres wird der Leser immer wieder aus der Bahn geworfen, weil Holden plötzlich mitten in der Erzählung zu einem ehemaligen Klassenkameraden oder Ähnlichem bschweift.
Man kann weder einen Spannungsbogen noch eine Entwicklung erkennen und bei seinen Erzählungen, wie es zu dem gekommen ist, was er im "Prolog" und "Epilog" erlebt, lässt Holden genau diesen Punkt aus. Man kämpft sich durch drei Tage seines Lebens um am Ende nicht zu wissen, warum er tut, was er tut, oder was er danach tun wird.

Fazit

Auf die Gefahr hin, igorant oder ungebildet zu wirken: "Der Fänger im Roggen" gehört zu den schlechtesten Büchern, die ich je gelesen habe. Der Schreibstil ist durch den vielen Slang und die ständig wiederholten Formulierungen extrem anstrengend zu lesen, die Hauptfigur unfassbar unsympathisch und es passiert so gut wie nichts, da Holden, statt eine Geschichte zu erzählen, viel zu viel abschweift. Am Ende weiß man nicht, was der Sinn dieses Buches war. Dafür kann ich nur einen Stern vergeben.