Rezension

Einfühlsames Ehe- und Gesellschaftsporträt

Schmales Land -

Schmales Land
von Christine Dwyer Hickey

Bewertet mit 5 Sternen

Mit einem so berühmten Maler wie Edward Hopper verheiratet zu sein, ist sicher nicht einfach – besonders wenn man selbst künstlerische Ambitionen hat wie Josephine. Von ihrem alljährlichen Sommerurlaub am Meer auf Cape Cod und ihrem schwierigen Eheleben handelt dieser Roman. Josephines Verhalten ist ambivalent. Einerseits hackt sie auf ihrem Mann, der in einer Schaffenskrise steckt, ständig herum, treibt ihn zum Malen an und will an seinem Schaffensprozess teilhaben; andererseits leidet sie darunter, stets in seinem Schatten zu stehen.

Es ist kein typischer Künstlerroman, denn die Autorin erzählt eine weitere Geschichte – über den deutschen Waisenjungen Michael Novak, der den Sommer ebenfalls auf Cape Cod bei der Familie Kaplans verbringt. Als sich die Wege zwischen Michael und Josephine kreuzen, entwickelt sich eine tiefe Freundschaft. Josephine genießt die ungeteilte Aufmerksamkeit und Zuneigung des Jungen, den sie wie einen Erwachsenen behandelt. Michael seinerseits fühlt sich in ihrer Gesellschaft viel wohler als bei dem gleichaltrigen Richie. Anhand der beiden Jungs lässt uns Hickey auch die traumatischen Erlebnisse durch den Zweiten Weltkrieg spüren, denen Michaels Eltern und Richies Vater zum Opfer gefallen sind.

Anfangs fand ich es verwirrend, dass sehr abrupt zwischen den Perspektiven gewechselt wird, doch dies macht die Konflikte, Fehlinterpretationen und Dramen, die sich zwischen den Figuren abspielen nur noch deutlicher. Neben den zahlreichen Protagonisten hat auch der Schauplatz Cape Cod eine wichtige Rolle zu. Als großer Fan von Edward Hopper hatte ich dank der stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen immer wieder die Bildmotive des Malers vor Augen, die die Kulisse für den ganz und gar nicht idyllischen Sommer bilden.