Einfühlsames und leises Drama
Bewertet mit 4 Sternen
Sehr ruhig und einfühlsam beschreibt Sadie Jones in Kleine Kriege die Geschichte von Tony und Clara. Von Anfang an wussten beide, dass sie füreinander bestimmt sind und haben sich auch nicht von Tonys zeitintensiver Karriere beim Militär davon abhalten lassen. Jetzt, in den 50ern, hat Tony es bis zum zum Major gebracht und ist auf Zypern stationiert. Mit ihren kleinen Zwillingsmädchen im Gepäck reist Clara nach einiger Zeit der Trennung endlich ihrem Tony hinterher. Doch die Fremde, die allgegenwärtige Bedrohung und das Land, das so anders ist als ihr geliebtes England machen beiden auf ihre Art zu schaffen.
Tony und Clara sind toll gezeichnet. Sie handeln absolut nachvollziehbar und wirken so sehr authentisch und glaubhaft. Die sich mehrenden winzigen Missverständnisse zwischen beiden und die immer grösser werdenen Entfernung kommen schleichend und sind bei diesen eingetlich wunder- und liebevollen Paar fast herzzerreißend. Man will sie zwingen mit einander zu reden – auch wenn Tony bis zuletzt kein Mann vieler Worte ist. Man will die kleinen Missverständnisse aufklären und man will einschreiten und sagen: Tony, das kannst du nicht machen!
Jones Sprache liest sich sehr angenehm und flüssig obwol sie – da es sich um die 50er Jahre und Personal aus der Mittel bis Oberschicht handelt – auch wunderbar elegant ist. Toll fand ich auch, dass man als Leser eigenlich der Einzige ist, der am Ende weiss, was mit Tony los ist. Das bringt einem den Charakter nochmal näher.
In den ersten zwei Dritteln kommt es Zwischendurch hier und da zu ein paar Längen, die aber schnell überwunden sind. Dafür zieht im dritten Teil das Temop noch einmal stark an und lässt einen bis zum Schluss nicht los. Kleine Kriege ist ein lesenswertes Buch, das zum Glück ohne Kitsch oder grossen Pathos auskommt. Auf jeden Fall landet nach dieser Lektüre auch Der Aussenseiter, Jones erfolgreichsten Roman, auf meiner "To-Do-Liste"!