Rezension

Emotionale Reise in die Vergangenheit mit Schauerfaktor

Das Hotel der Erinnerung - Chelsea Bobulski

Das Hotel der Erinnerung
von Chelsea Bobulski

Bewertet mit 3 Sternen

Nell und ihr Vater ziehen ins Grand Winslow Hotel, weil er eine neue Stelle antritt. Die 16-jährige hofft auf einen positiven Start, weil eine schwierige Zeit hinter ihr liegt. Doch von der ersten Nacht an wird sie von Albträumen gequält und ahnt, dass sich einst eine dramatische Geschichte im Grand Winslow Hotel ereignete.

„Das Hotel der Erinnerung“ hat mich aufgrund des Bezugs zur Vergangenheit gereizt. Hotels sind interessante Orte, die viele Geschichten erzählen. Je älter sie sind, umso mehr Gäste waren vor Ort, umso mehr Zeitalter haben sie überstanden und umso mehr persönliche Dramen haben sie miterlebt. Man stelle sich vor, welche Geschichten sich in den Wänden verbergen, wenn ein Hotel mehr als 100 Jahre alt ist.

Ich gebe zu, für uns Europäer:innen hinkt dieser zeitliche Wow-Effekt, weil viele von uns in Häusern leben, die oftmals viel älter als 100 Jahre sind. Dennoch ist es ein anregendes Gedankenspiel, das Chelsea Bobulski in „Das Hotel der Erinnerung“ als Grundlage heranzieht.

Nell kommt mit ihrem Vater im Grand Winslow Hotel an und vom ersten Moment an fühlt sie sich merkwürdig. Das Gemäuer verunsichert sie, es spielt ihr Streiche und es ist unbehaglich, als ob es sie in seine Vergangenheit zieht.

Hierzu beschreibt die Autorin Szenen aus vergangenen Zeiten, die mit der Gegenwart verschmelzen und lässt auf einer zweiten Erzählebene eine dramatische Geschichte der Vergangenheit auferstehen.

Dieser Part spielt im Jahr 1905, wo sich die junge Frau Lea auf ihre Hochzeit vorbereitet, und zwar mit einem Mann, den sie gar nicht heiraten will. 

Der Strang in der Vergangenheit war nett und lässt sich angenehm lesen, aber ich hatte ständig Bilder des Films „Titanic“ mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio vor Augen. Die Autorin hat sich stark daran orientiert und meinem Gefühl nach, sind vollständige Szenen daraus übernommen worden. Von daher war der Roman eher langweilig, weil Chelsea Bobulski es mit einen der spektakulärsten Dramen der Leinwandgeschichte aufgenommen hat. Die Autorin hat sich meiner Meinung nach damit übernommen, weil das Konzept ohne den Untergang eines Schiffes inklusive des wahren Hintergrunds nicht zu bewerkstelligen ist.

In der Gegenwart beschäftigt sich Nell ebenfalls mit der Geschichte des Hotels, indem sie an einem Projekt mitarbeitet, dass sich damit auseinandersetzt. So stößt sie auf Lea, die 1905 ihren Tod im Hotel gefunden hat.

Der Roman bietet einen sanften Gruseltouch, der von jüngeren Leser:innen sicherlich eindringlicher als von mir wahrgenommen wird. Und natürlich steht die Liebe im Mittelpunkt, was mir insgesamt gut gefallen hat.

Weniger mochte ich, dass es für die Ereignisse absolut keine Begründung gibt. Es gibt einen mysteriösen Zusammenhang zwischen 1905 und der Gegenwart, der einfach hingenommen wird und sich auflöst, wenn der Roman zu Ende geht. Nach dem Lesen hätte ich gerne gewusst, was da geschehen ist. Diese Frage bleibt unbeantwortet, weil sich die Autorin auf die emotionale Ebene konzentriert.

Der Roman wird als eine Mischung aus „Titanic“ und „Shining“ angepriesen. Ersteren stimme ich zu, aber wenn ich an Stephen Kings Meisterwerk des Grauens in Zusammenhang mit „Hotel der Erinnerung“ denke, dann breche ich vor lauter Lachen in Tränen aus. 

Chelsea Bubolski hat einen jugendlichen Liebesroman geschrieben, der flüssig zu lesen ist und auf eine emotionale Reise in die Vergangenheit führt. Interessante Wendungen, die ganz große Liebe und das Leben einer jungen Frau um 1900 werden hervorragend thematisiert und mit kuscheligen Gruselszenen ausstaffiert. Ich denke, dass dieser Roman für jüngere Leser:innen bestens geeignet ist und eine angenehme Lesezeit mit sich bringt.