Rezension

Enttäuschend

Der Morgen, an dem mein Vater aufstand und verschwand - Nadia Terranova

Der Morgen, an dem mein Vater aufstand und verschwand
von Nadia Terranova

Bewertet mit 2 Sternen

Als Ida dreizehn ist verlässt ihr depressiver Vater die gemeinsame Wohnung und verschwindet spurlos. Dieser abrupte Verlust lässt sie nie los und prägt ihr Leben stark. Mit ihrer Mutter spricht sie nicht darüber. Auch, weil sie die Schuld zum Teil bei ihr sieht. Sobald sie kann verlässt Ida Sizilien und die erinnerungsträchtige Wohnung, die ihre Mutter immer noch bewohnt. Wegen Reparaturarbeiten kommt sie nun, mit Anfang 30 zurück und wird erneut mit dem abwesenden Vater konfrontiert.

Verlust, das Erwachsenwerden und die Beziehung zwischen Eltern und Kind sind Themen, über die ich gerne lese. Doch hier konnten sie mich leider gar nicht packen. Ida war mir unsympathisch und ich habe mich mit ihr in erster Linie gelangweilt. Viel zu sehr verbeißt sie sich in ihren Verlust. Jedes Detail der elterlichen Wohnung und aus ihrer Teenagerzeit überdeutet sie, bezieht alles auf den Vater. Ausgesprochen wird davon allerdings nichts.

Die Geschichte treibt seltsame sprachliche Blüten und ist mehr manisch als traurig. Ich habe mich gefragt, wo die Wut auf den Vater geblieben ist, der so ohne ein Wort gegangen ist. Wut empfindet Ida nur für die Mutter, die allein für sie sorgte, das Geld heranschaffte, als der Vater wegen seiner Depression nicht mehr arbeiten konnte und später wohl auch aus Rücksicht auf die Tochter keine feste Beziehung mehr einging.

Wasser ist Idas Symbol für das Verschwinden ihres Vaters. Das hätte gut werden können aber stattdessen kommt es zu Sätzen, die mich konsequent haben stolpern lassen:
„Wenn es regnete, regnete es mir in die Schuhe.
Der Name meines Vaters löste sich in Rinnsale auf, vermengte sich mit dem unangenehmen Gefühl nasser Strümpfe, badete die Füße in Dreck, das feine Baumwollgarn kapitulierte vor der Apokalypse.“
S. 47

Ein paar Sätze weiter das nächste Fragezeichen:
„Das Verschwinden meines Vaters wurde zum Trichter unserer Schuld […].“ S. 48

Und im folgenden dann eine Metapher über Schachfiguren. Da hat das weiterlesen leider wenig Freude gemacht.

Statt einer konkreten Entwicklung füllt Terranova die Seiten mit seltsamen Metaphern, bedeutungsvoll aufgeladenen Träumen und Idas allgemeiner Beziehungsunfähigkeit. So sehr mich Verlust und die Vater-Tochter-Beziehung beispielsweise in Karosh Tahas „Im Bauch der Königin“ berührt haben, so kalt gelassen hat mich beides in diesem Roman. Es fühlte sich an, als wollte Terranova unbedingt etwas bedeutsames sagen; es hat mich aber überhaupt nicht erreicht. Für mich leider ein enttäuschender und schnell vergessener Roman.