Rezension

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Ergreifend und Aufklärend

Todesstrafe: Auge um Auge - Kazem Hashemi

Todesstrafe: Auge um Auge
von Kazem Hashemi

"Todesstrafe: Auge um Auge" Kazem Hashemi nähert sich dem Thema mit vielen Fakten und emotionalen Begebenheiten. "Mein Ziel ist vielmehr aufzuzeigen, dass es sich bei der Todesstrafe um nichts anderes als staatlich angeordneten Mord handelt." Kazem Hashemis Buch, "Todesstrafe: Auge um Auge" aus der Edition Menschenrechte in Zusammenarbeit mit Amnesty International, geht diesem Ziel nach.

Gute Gründe, um diesem Ziel nachzugehen zeigt ein Blick in den Jahresbericht der Todesurteile und Hinrichtungen im Jahre 2012, vorgelegt von Amnesty International. Dieser zeigt, dass die Abschaffung der Todesstrafe ein statistischer Trend ist, der jedoch von der hohen Zahl an weltweiten Hinrichtungen überschattet wird.

So holte Kazem Hashemi bereits 2008, durch die Nennung von Fakten und Zahlen zur Verbreitung der Todesstrafe, die unwirkliche Realität zurück in das Bewusstsein: "Im Jahr 2007 sind mindestens 1.252 Gefangene in 24 Staaten exekutiert worden." Doch Kazem Hashemi versucht seinem gesteckten Ziel nicht nur durch trockene Zahlen nachzukommen. Durch die emotionale Darstellung eines Falls aus dem Iran und einem Brief eines texanischen Häftlings, kurz vor seiner Hinrichtung, wird auch das moralische Bewusstsein des Lesers angeregt. Die beschriebenen Fälle wirken mitreißend, aber auch alltagsfremd, da es im deutschen Strafrecht unmöglich scheint, dass ein Mensch jemals wieder zum Tode verurteilt werden könnte. Dadurch entsteht beim Leser jedoch ein gesteigertes Interesse an den Begründungen, die sich für eine Todesstrafe aussprechen.

Populäre Pro-Argumente für die Anwendung der Todesstrafe lässt Hashemi nicht kommentarlos stehen. Ob nun die Todesstrafe zur Abschreckung diene, den Betroffenen von Opfern ein Gefühl von Gerechtigkeit gäbe, die Kosten für eine lebenslange Haft höher seien als für eine Hinrichtung oder in modernen Staaten Rechtsirrtümer ausgeschlossen werden können, da nie ein Unschuldiger dem Todesurteil unterläge, widerlegt Hashemi überzeugend. Ebenso werden von Erhängung, Erschießung oder Steinigung bis hin zur Injektion von Gift, die populären Hinrichtungsmethoden genannt und mit Hintergrundinformationen ergänzt. Neben genannten Inhalten bietet das Buch Einblick in die Entstehungsgeschichte der Todesstrafe und ihrer Einbettung in die Religion. In den heutigen Weltreligionen findet die Todesstrafe, je nach Auslegung und Bezugnahme von überlieferten Schriften, Anwendung oder Ablehnung.

Letztlich ist es ein Buch, um tiefer und vielleicht nachhaltiger in ein brisantes Thema voller politischer, juristischer und moralischer, sowie kultureller Widersprüche, einzusteigen, das sich in der täglichen Nachrichteninflation schnell tabuisieren und wegkehren lässt, denn "[e]iner der genießerisch seinen Morgenkaffee trinkt und in der Zeitung liest, dass der gerechtigkeit Genüge getan worden sei, würde seinen Kaffee wieder von sich geben, erführe er auch nur die kleinste Einzelheit."