Rezension

Erinnerungen

Die verborgenen Stimmen der Bücher -

Die verborgenen Stimmen der Bücher
von Bridget Collins

Bewertet mit 4 Sternen

„Bücher wollen brennen. Sie gehen in Flammen auf, denn … die Erinnerungen wollen nicht in ihnen bleiben.“

„Die verborgenen Stimmen der Bücher“ ist ein Roman von Bridget Collins. Er erschien im Februar 2019 im Aufbau Verlag und ist in sich abgeschlossen.

In Emmetts Welt sind Bücher geächtet, dennoch ziehen sie ihn magisch an und schließlich wird er sogar als Lehrling in eine Buchbinderei geschickt. Er beginnt zu verstehen, warum die Menschen Bücher meiden und ihnen mit großer Skepsis entgegentreten und erkennt außerdem, dass auch in seiner eigenen Geschichte ein Geheimnis verborgen ist…

 

Würdest du deine Erinnerungen aufgeben, wenn du die Chance dazu hättest? – Dies ist eine der zentralen Fragen, die man sich unwillkürlich stellt, wenn man den Roman von Bridget Collins liest. Mit großem erzählerischem Geschick baut die Autorin eine Geschichte auf, die man sich nur schwer vorstellen kann. Erinnerungen werden in Bücher gebunden, ob freiwillig oder nicht, spielt dabei nicht für jeden eine Rolle. Emmett muss sich mit vielen Dingen auseinandersetzen, die häufig verwirrend und beängstigend sind, gleichzeitig aber auch immer eine Frage ans eigene Gewissen darstellen. Mich hat diese Buchthematik fasziniert und begeistert und ich hätte mir hier tatsächlich mehr Konflikte gewünscht, als letztendlich entstehen.

Der Roman ist in drei Teile unterteilt und plötzlich kommt es zu einer Wendung, die ich absolut nicht erwartet hätte. Das Thema, das mit Emmetts Vergangenheit einhergeht, ist zwar grundsätzlich ebenso spannend und birgt viel Konfliktpotential, trotzdem hat der Themenwechsel mich überrascht und nicht vollkommen überzeugt. Ebenso erging es mir mit dem dazugehörigen Perspektivwechsel, der zwar in der Ich-Erzählung bleibt, aber eben aus einer anderen Sicht berichtet.

Der Erzählstil ist interessant und ungewohnt. Durch die Ich-Perspektive wirkt zunächst alles ein wenig wirr und seltsam, dieses legt sich aber im Laufe der Handlung, wenn auch Emmett mehr und mehr versteht.

Emmett selbst gefällt mir sehr gut. Er ist aufrichtig, ehrlich und ist sehr empathisch. Ich hätte mir gewünscht, mehr von seiner schließlichen Entwicklung zu erfahren und bin daher sehr traurig über den Perspektivwechsel am Ende des zweiten Buchteils. Insgesamt ist der Roman aber dennoch gut und logisch aufgebaut. Im zweiten Teil geht es für kurze Zeit in die Vergangenheit, in der man erfährt, wie es Emmett bis zum Beginn der Handlung ergangen ist. Die aufgegriffenen Thematiken sind nicht gerade leicht und ich hatte immer wieder Gänsehaut beim Lesen. Insgesamt ist die Atmosphäre im Roman an vielen Stellen nahezu greifbar und wechselt zwischen bedrohlich/bedrückend/verwirrend und glücklich/hoffnungsvoll/fröhlich.

Leider gibt es im Roman aber auch einige Längen und manchmal fiel es mir schwer, vollkommen in das Buch einzusteigen. Dies liegt für mich hauptsächlich an dem eigenwilligen Schreibstil, ein wenig aber aber auch an der teilweise schweren Thematik.

 

Mein Fazit: Insgesamt muss ich sagen, dass ich mich mit dem Lesen zwar teilweise ein wenig schwertat und ich mir insgesamt vielleicht einen etwas anderen Handlungsverlauf gewünscht hätte, der Roman aber trotzdem irgendwie großartig ist. Die Thematik, die Handlungswechsel und die Gänsehautmomente bei der Vorstellung daran, was passieren würde, wenn Erinnerungen wirklich aufgegeben werden könnten, waren einfach großartig und faszinierend. Ja, der Roman ist eigenwillig und ich kann verstehen, wenn man sich mit dem Lesen schwertut. Aber ich finde auch, dass es sich um ein faszinierendes Werk handelt, dass absolut Beachtung verdient hat! Von mir gibt es daher 4 von 5 Sternen!