Rezension

Erreichte leider nicht die gewünschte Tiefe!

Das hier ist kein Tagebuch - Erna Sassen

Das hier ist kein Tagebuch
von Erna Sassen

Bewertet mit 2 Sternen

 Seit Boudewijns Mutter sich vor einen Zug geworfen hat, hat er keine Lust mehr das Haus zu verlassen und wenn er nicht gerade auf seine egoistische Mutter wütend ist, schläft er. Früher bemerkt Boudewijns Vater das sein Sohn den Tod der Mutter nicht gut verkraftet und bietet ihm einen Deal an. Wenn Boudewijns nicht jeden Tag etwas in ein Tagebuch schreibt und eine CD anhört, schickt ihn sein Vater in eine Psychatrie. Da Boudewijns keine Lust hat in eine Psychatrie zu kommen, beginnt er genervt ins Tagebuch zu schreiben und öffnet sich dabei immer mehr.

Der Grundstein auf dem diese Geschichte basiert ist einerseits das Tagebuch, zu dem Boudewijns gezwungen wird und andererseits auch der Selbstmord seiner Mutter. Das Tagebuch hat er von seinem Vater bekommen, der versucht seinen depressiven und wütenden Sohn wieder ins Leben zurück zu holen. Ob er damit das richtig tut ist für mich umstritten. Natürlich kann ich verstehen, dass der Vater es in diesem Moment auch gerade nicht leicht hat und mit seinen eigenen Sorgen kämpft. Trotzdem finde ich das Boudewijns professionelle Hilfe viel nötiger hätte, als ein Tagebuch, schließlich merkt man beim Lesen sehr gut welch große Wut er in sich trägt. Er hasst seine Mutter dafür, dass sie ihn und seine Schwester Fussel immer im Stich gelassen hat, früher als sie wegen ihrer dipolaren Störung in einer Klinik war und nun da sie sich das Leben genommen hat. Egoistisch nennt er sie.

Ich kann Boudewijns Wut verstehen, aber ich habe schnell gemerkt das er alleine damit nicht umgehen kann. Boudewijns ist nicht nur auf seine Mutter wütend. Eigentlich hasst er das ganze Leben. Dauernd ist er müde, leicht angeschlagen und schlecht drauf. Typische Anzeichen einer Depression. Im ganzen Buch über konnte ich keine richtige Beziehung mit Boudewijns aufbauen, den Grund dafür erkläre ich gleich, doch dafür verstand ich seinen Vater umso besser. Er ist überfordert mit der Situation und möchte das es seinem geliebten Sohn wieder besser geht. Es gibt nur wenige Szenen mit dem Vater, doch alle davon haben mich gerührt. Selbst wenn die meisten damit voller Streit waren. Da das Buch im Tagebuchstil ist, bekommt man nur so viel von der Geschichte mit, wie Boudewijns frei gibt und das ist leider nicht fiel. Er schreibt in kurzen, knackigen Sätzen und trotzdem kann man seine maßlose Enttäuschung und Wut immerzu spüren. Unglücklicherweise wurde alles immer nur kurz angeschnitten, dann hatte er keine Lust mehr es weiter auszuführen und sprang zum nächsten Tag. Ich bekam einen kurzen Einblick in Boudewijns Gedankenwelt und wurde so gleich wieder herausgerissen, bevor ich ihn richtig verstehen konnte.

Ehrlich gesagt hätte ich mir gewünscht dass Buch wäre nicht im Tagebuch-Stil geschrieben worden. Ich denke viele von uns haben schon selbst Tagebücher geschrieben. Darin fasst man sich immer kurz und statt 'Ich war heute einkaufen und habe ein paar nette Freunde getroffen', schreibt man 'War einkaufen und hab Freunde getroffen'. Dabei geht unglaublich viel verloren und genauso war es bei diesem Buch. Mir fehlte einfach ständig etwas. Die Grundidee ist klasse, ohne Frage! Allerdings ist die Ausführung sehr schwach und mit dem Protagonisten Boudewijn konnte ich auch nicht recht warm werden.  Es war kein komplette Flop, aber auch nicht das was ich mir gewünscht hätte. Schade.

~ FAZIT ~
Das Buch hat tolle Ansätze, die allerdings nie weiter ausgeführt sondern immer nur kurz angeschnitten werden. Weiteres fiel mir auf das ich Probleme hatte mich in Boudewijn hineinzuversetzen, da seine Ablehnung viel zu groß ist. Leider erreichte das Buch nicht die Tiefe die ich mir gewünscht hab und konnte mich nur hin und wieder packen.