Rezension

Erschreckend in seinem Realismus

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Marc Elsberg

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
von Marc Elsberg

Bewertet mit 4 Sternen

Ich habe das Buch ganz schön lange vor mich hergeschoben. Einerseits ist es ein rechter Klopper, andererseits dachte ich: Stromausfall, was kann daran schon interessant sein?

Tatsächlich ist daran jede Menge interessant. Obwohl ich wie jeder andere Westeuropäer den ganzen Tag von Strom abhängig bin, bin, nein, war ich bis zu diesem Zeitpunkt genauso ignorant, was diese Tatsache angeht. Mir war nicht bewusst, dass ein Stromausfall, der länger als die üblichen zehn Minuten dauert, so einen extremen Rattenschwanz an zuerst Unanehmlichkeiten, später sogar tödliche Gefahren nach sich ziehen kann. Das beginnt mit dem Problem, dass man nicht mal mehr die Toilettenspülung bedienen kann, endet dann aber auch noch lange nicht mit den Atommeilern, die nicht mehr gekühlt werden können und somit jeden Moment in die Luft gehen können. Von den menschlichen Dramen, die sich abspielen, ganz abgesehen.

Nimmt man jetzt keine "natürliche" Katastrophe dazu, die diesen Stromausfall auslöst, sondern eine zu allem entschlossene, terroristische Gruppe, ist das weltweite Chaos vorprogrammiert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und das ist genau das, was in diesem Buch passiert.

Elsberg hat dafür anscheinend sehr viel recherchiert. Das ist natürlich lobenswert, denn man hat die ganze Zeit das Gefühl, der Mann weiß, worüber er schreibt. Manchmal jedoch hätte man es wohl auch lieber gesehen, wenn er eben nicht alle seine Erkenntnisse verarbeitet hätte - nicht, weil es so unerträglich gewesen wäre, sondern weil es sich immer und immer wieder ... ja, eben wiederholt. Und ob der Protagonist in dem Fall ein Angestellter eines französischen, deutschen oder belgischen Atomkraftwerkes oder einer politischen Behörde ist, ist im Endeffekt echt belanglos, denn die Reaktionen sind doch mehr oder weniger dieselben.

Ich beanstande gar nicht mal so die vielen vorkommenden Personen. Wenn wir ehrlich sind, waren eh nur ein Dutzend von denen wichtig, und wer sich keine Dutzend Leute merken kann, dem ist eh nicht zu helfen. Ich kritisiere vielmehr, dass die relevanten Leute zu wenig wichtige Lesezeit bekamen. Daher auch diese extrem vielen Seiten, meines Erachtens nach hätte man das Ganze tatsächlich um locker 200 Seiten kürzen können, ohne Wesentliches fallen zu lassen.

Trotzdem: Ein Buch, über das ich immer noch gelegentlich nachdenke, und vor allem eines, das meine Auffassung von Strom und diversen Abhängigkeiten tatsächlich geschärft hat. In dem Sinne: echt wertvoll.