Rezension

Erschreckend, verstörend, aufrüttelnd. Ein Auruf, um besser und genauer hinzuschauen

Deutschland misshandelt seine Kinder - Saskia Guddat, Michael Tsokos

Deutschland misshandelt seine Kinder
von Saskia Guddat Michael Tsokos

Bewertet mit 5 Sternen

Deutschland misshandelt seine Kinder

Ja, das Buch ist provozierend, und ja, die Autoren, Michael Tsokos uns Saskia Guddat benutzen eine drastische Sprache. Und das ist gut so. Denn es geht um nichts anderes als um unsere Zukunft: unsere Kinder. Provozierend ist auch die These, dass bestimmte Vornamen darauf schließen lassen, hier werden mehr und körperlich brutaler Kinder misshandelt. Provozierend auch, dass in intelligenteren, reicheren Haushalten Kinder auf subtilere Weise misshandelt werden, die nicht so leicht zu entdecken sind. Aber all die Anzeichen sind erkennbar, wenn man weiß, wo und wie man suchen muss. Das ist eigentlich ganz einfach und, so wie die Autoren immer wieder und nicht müde werden zu schreiben, zu lernen. Wenn man denn wollte. Und das Geld dafür da wäre. Und all die Beamten und Angestellten der zuständigen Behörden und nachrangigen Organisationen denn nur wollten. Und nicht wenige von ihnen kurz vor der Rente stehend mit ihren Gedanken schon ganz woanders sind. Wie gesagt, die Autoren provozieren.

Aber nicht nur das. Tsokos und Guddat schildern anhand von Beispielen aus ihrem Alltag als Rechtsmediziner die scheinbare Hilflosigkeit der zuständigen Personen, mangelnde Gelder, falsch verstandene Bemühungen gegenüber den Eltern, überforderte Berufsanfänger und Gerichte. Gerade diese, die doch für die Kinder da sein sollen, verkennen anscheinend die Tatsache, dass Eltern nicht immer das Beste für ihre Kinder wollen, sondern nur für sich selbst. Und es ist eine Schande, dass es immer noch möglich ist, Kinder in einen Haushalt zurückzuschicken, wenn nicht zweifelsfrei geklärt ist, wer denn der Täter ist. Die Frage stellt sich hier, wem damit geholfen ist. Dem Kind sicher nicht, denn es kann weiter gequält werden.

Tsokos und Guddat belassen es aber nicht dabei, sondern klären sehr wohl auch darüber auf, welchen Weg die Eltern gegangen sind, die meist selbst Opfer von Gewalttaten in ihrem Elternhaus geworden sind. Und fordern vehement, dass es viel mehr Personenkreise geben muss, die schnell Misshandlungen erkennen. Am Ende des Buches wird ein ganzer Maßnahmenkatalog vorgestellt, was getan werden muss, um diesen Zustand zu ändern. Ein Beispiel davon ist, dass wir als Nachbarn, Freunde, Bekannte und Verwandte zügig unsere Beobachtungen an entsprechende Stellen weitergeben können. Dieses Buch sollte Pflichtlektüre werden für alle, die mit Kindern in Berührung kommen.

Nein, es geht nicht um den berühmten Klaps auf den Popo, sondern um brutale Gewalt gegenüber Hilflosen, Schwächeren, denen unsere ganz Aufmerksamkeit gilt, denn: Kinder sind unsere Zukunft!