Rezension

Erschütternd

Kein Ort ist fern genug - Santiago Amigorena

Kein Ort ist fern genug
von Santiago Amigorena

Bewertet mit 5 Sternen

1928 macht sich der junge Vincente Rosenberg auf nach Südamerika. Er verspricht seiner Mutter noch, wöchentlich zu schreiben. In Buenos Aires trifft er Rosita, heiratet und gründet ein Möbelgeschäft. Rosita und er bekommen drei Kinder. Alles läuft gut. Während seine Mutter ihm regelmäßig schreibt, werden seine Briefe immer seltener. Die Nachrichten seiner Mutter aus Warschau werden immer besorgniserregender. Doch was kann Vincente aus der Entfernung tun? Er macht sich Vorwürfe. Hätte er seine Mutter auch gegen ihren Willen früher aus Warschau herausholen sollen? Irgendwann ist es soweit, dass Vincente die Nachrichten nicht mehr ertragen kann. Er zieht sich in sich selbst zurück, ignoriert Frau und Kinder und schafft sich sein höchsteigenes Ghetto.

Es ist ein sehr eindringlicher und erschütternder Roman, der mich wirklich berührt hat. Der Autor schildert in diesem Roman sehr einfühlsam die Geschichte seines Großvaters und seiner Familie.

Vincente fühlt sich nicht wirklich als Jude, er ist nicht religiös. Doch das, was in Deutschland geschieht, macht ihm bewusst, dass er immer als Jude betrachtet wird und sich so zu fühlen hat. Die Artikel in den Zeitungen sind nicht wirklich aussagefähig, trotzdem fühlt er sich zunehmend schuldiger, was vor allem an den Briefen der Mutter liegt, die nicht wirklich schreibt, was sie aushalten müssen und die dennoch das Schreckliche deutlich machen.

Mir hat seine Familie leidgetan. Rosita versucht alles, zu ihm durchzudringen. Auch mit ihr kann Vincente seine Not und seine Schuld nicht teilen. Wie sollen die Kinder dann begreifen?

Es ist wirklich ein berührender Roman, der einen nicht loslässt. Meine absolute Leseempfehlung!