Rezension

erstaunliches Buch

Ein wirklich erstaunliches Ding - Hank Green

Ein wirklich erstaunliches Ding
von Hank Green

Bewertet mit 3.5 Sternen

April May ist Anfang, lebt in New York und arbeitet in einem dubiosen Start-Up. Sie kommt mitten in der Nacht, mitten in New York an einer beeindruckenden Roboterskulptur vorbei und hält sie für eine äußerst aufwändige Kunstskulptur. Sie ruft ihren Kumpel Andy, gemeinsam drehen sie ein Video darüber. April nennt die Figur „Carl.“
Das Video geht viral. Denn an 64 Orten auf der Erde ist gleichzeitig so eine Skulptur erschienen. Die Menschheit übernimmt den Namen und nennt sie die Carls.
April und Andy wittern die Möglichkeit etwas Geld zu verdienen, entwerfen eine Kampagne und los geht es in den Medienwahnsinn.

Sehr gewundert hat mich der Ansatz. April schreibt ein Buch für ihre Fans. Alles ist also aus der Sicht dieser jungen Frau. Warum hat Green eine Frau genommen? Kann sich ein Debütautor überhaupt richtig in eine junge Frau hineinversetzen? Das frage ich mich immer noch.

Sprachlich ist der Stil eher schlicht. Meist kurze Sätze, der Wortschatz nicht immens. Doch für die Zielgruppe sehr geeignet. Durch den Stil bekommt das Buch auch viel Tempo und Spannung. Denn spannend, das war es für mich. Und das auf verschiedenen Ebenen.

Zum einen die Carls. Ist es Kunst? Sind es Aliens? Was wollen sie? Was sollen die Menschen mit ihnen machen? Diese Gedanken führen auch direkt dazu, wie die Menschheit mit ihnen umgeht. Zum einen dienen sie als Touristenattraktionen, zum anderen polarisieren sie die Menschheit. Die einen befürchten eine gewalttätige Invasion. Die anderen, deren Ikone April ist, freuen sich daran und versuchen positiv gestimmt Kontakt aufzunehmen.

Dadurch ist es auch ein Buch über Angst vor Fremden und Fremdenhass. April Gegenspieler Peter Petrawicki, Anführer der „Defender-Bewegung“.

Doch das Hauptthema sind Medien, Berühmtheit und wie man damit umgehen kann. April und And haben beruflich schon ein wenig Ahnung wie man Konzepte erstellt, eine professionelle Managerin facht das Ganz noch weiter an. Aprils Leben und auch sie selbst ändert sie total. Spannend ist, dass sie in diesem Bericht den sie schreibt sich selbst nie schont. Sie klagt sich selbst an und nimmt dadurch mir als Leserin den Wind aus den Segeln wenn ich mir denke: wie fies verhältst du dich eigentlich? Weil sie das selbst aus ihrer rückblickenden Perspektive erkennt.

Der Medienrummel ist weltweit. Und weltweit muss auch die Menschheit gemeinsam auf die Carls reagieren. Würden wir das wirklich schaffen, wenn uns eine solche Aufgabe gestellt wird? Ein Blick in die Zeitung sagt mir: eher nicht. Schade.

Das Ende ist schräg und riecht nach einer Fortsetzung. Anfang fand ich den Stil etwas platt und zu flapsig. Rückblickend wusste ich April offene und direkte Art doch zu schätzen. Das Buch ist auch voller Humor und nur selten bierernst, trotzdem keine Komödie, sondern ein gesellschaftskritisches Statement.

Wie ich in der Situation einer plötzlichen Berühmtheit wohl reagieren würde? Nach diesem Buch hoffe ich, dass ich immer schön unbekannt bleibe.