Rezension

Es hätte so schön sein können...

Angst in deinen Augen - Tess Gerritsen

Angst in deinen Augen
von Tess Gerritsen

Bewertet mit 2.5 Sternen

Es sollte Ninas ganz großer Tag werden. Doch jetzt sitzt sie allein im Brautkleid in der Kirche und ihre Schwester versucht sie damit zu trösten, dass ihr jetzt Ex-Verlobter ein A… sei. Das ist er definitiv immerhin hat er Nina einfach am Altar stehen lassen und hatte nicht einmal den Mut es ihr persönlich mitzuteilen, sondern schickte stattdessen seinen besten Freund. Als Nina sich endlich dazu entschließt die Kirche zu verlassen und sich vom Reverend nach Hause bringen zu lassen geschieht das gerade noch rechtzeitig. Nur Minuten später, als beide im Auto sitzen, explodiert die Kirche. Hätte die Hochzeit wie geplant stattgefunden, es wären Dutzende wenn nicht Hunderte gestorben. Aber wer jagt eine Kirche in die Luft?

Sam Navarro jagt den Serien-Bombenleger. Er scheint ein Schüler eines Täters zu sein, der vor einem Jahr geschnappt worden war und dabei starb. Doch welches Motiv hat der neue Bombenleger? Eines ist auf jeden Fall sicher: er will, dass Menschen sterben. Sams einzige mögliche Spur ist Nina, vor allem, nachdem ein weiterer Anschlag auf sie verübt wird, also stellt er sie unter seinen persönlichen Schutz.

 

 

Nina tat mir direkt schrecklich leid! Vor allem als man dann ihre Mutter kennenlernt, die einfach nur furchtbar ist. Nina sollte ein offenes Gespräch mit Robert führen und herausfinden, was ihn stört damit sie es dann ändern kann – geht’s noch?! Es ist ihr vollkommen egal, wie Nina sich fühlt, wie es ihr geht oder, dass ihr Robert gerade das Herz gebrochen hat. Sie soll ihn zurückgewinnen, damit sie mit einem reichen, erfolgreichen Arzt verheiratet ist, statt eine einfache Krankenschwester zu sein. Ihrer Mutter geht es nur um Geld und Status, was schon allein deren auftreten beweist. Sie definiert sich darüber die „Ehefrau von“ zu sein und erwartet das gleiche von Nina.

Aber was will der Täter von ihr? Geht es um ihre Mutter? Ihren Vater? Ihren Stiefvater? Oder um Robert? Sie ist doch nur eine Krankenschwester, sie hilft Menschen! Oder geht es genau darum, um jemanden, dem nicht geholfen werden konnte? Gibt jemand Nina die Schuld daran?

 

Sam war ganz am Anfang interessant, er wirkte fähig und ich wollte mehr über ihn wissen. Aber zu Nina war er alles andere als nett und seine Vorurteile und Gedanken über sie waren echt fies. Da hat er bei mir ordentlich verloren. Statt ein wenig Mitgefühl für sie zu zeigen denkt er gönnerhaft über sie und macht es ihr kein Stück leichter seine Fragen zu beantworten. Ja, er muss einen Bombenleger schnappen, aber etwas Mitgefühl für Nina, die gerade echt viel durchgemacht hat, würde ihn auch nicht umbringen! Er benimmt sich da echt lange verdammt unmöglich. Ja, er kämpft gegen die Anziehung, die Nina auf ihn ausübt, aber da muss er doch nicht zum eiskalten A… mutieren! Er hat mich echt aufgeregt!

Die Wendung was ihn anbelangt war für mich nicht glaubhaft.

 

Robert, Ninas Ex-Verlobter, ist ein Mega-A… - dass er Nina am Altar verlassen hat ist ganz allein Ninas Schuld, so seine Logik, denn sie hat ja ihren Job nicht aufgeben wollen, um ihn von vorn bis hinten zu bedienen und ihm zur Verfügung zu stehen. Da musste er sich doch eine andere suchen, das ist doch ganz klar. Und natürlich konnte er ihr das nicht früher sagen, aber warum nicht, das erfahren wir nicht, denn im Moment der Konfrontation ist Nina ja zu hysterisch, um vernünftig mit ihr zu reden, also haut er lieber ab und lässt sie wütend stehen, weil auch das wieder ihre Schuld ist, sie hat sich ja nicht unter Kontrolle. Er hat mich da so extrem wütend gemacht, dass ich schreien könnte. Ich hasse (!!!) es, wenn Männern die Argumente ausgehen – oder sie einfach keine haben – und dann auf die „du bist hysterisch“-Tour kommen, die „mit dir kann man nicht reden, du rastest ja total aus“ – der Typ kann von Glück reden, dass er das nicht bei mir versucht hat, sonst sänge er jetzt im Knabenchor!

Da fragt man sich echt, was Nina jemals an ihm gefunden hat. Es kann doch nicht sein, dass er Grundzüge dieses Verhaltens und dieses klischeehaften Rollendenkens nicht schon früher gezeigt hat.

 

Für mich war die Liebesgeschichte nicht glaubhaft. 75% des Buches schwankt Sam zwischen „kann ja doch auch mal nett“ und „Blödmann“. Er redet sich andauernd etwas ein und reitet darauf herum, dass nichts zwischen ihnen passieren darf und kurz vor Schluss stellt er sich auch noch ziemlich doof an. Nina ebenso. Ich kann nicht nachvollziehen, was sie an ihm findet. Ja, er kann auch nett, aber echt selten. Sie verhält sich auch immer wieder ziemlich lichtsinnig, was echt schade ist, da ich sie ansonsten mochte.

Was mich mit am meisten gestört hat war das Verhalten des Staatsanwalts und des Ermittlers der Mordkommission. Letzterer behandelt Nina, als sei sie mit einem blutigen Messer in der Hand über eine Leiche gebeugt aufgefunden worden, mit den Worten „ich war‘s!“ auf den Lippen. Ja, das soll für eine Verwicklung und Spannung sorgen, mich hat es aber nur genervt, weil es wirklich aufgesetzt und vorhersehbar wirkte. Beweise? Ach, wer braucht die schon! Leider für mich viel zu stereotyp.

 

 

Fazit: Das Buch fing wirklich gut an, ich dachte schon, ich hätte es mit einem richtig guten Thriller mit einem Funken Liebesroman zu tun. Leider stellte sich das bald als falsch heraus. Sam, der Protagonist ging mir schon bald mit seiner Art auf die Nerven, er war die meiste Zeit fies zu Nina und das, weil er sich zu ihr hingezogen fühlt – sehr logisch. Und Nina, die gerade alles verloren hat und von einem Irren verfolgt wird verknallt sich in ihn, obwohl er die meiste Zeit fies zu ihr ist? Das war für mich nicht glaubwürdig.

Kurz vor Schluss ist mir alles zu abrupt und die Protagonisten verdummen ganz plötzlich total. Hätte ich Sam sympathischer gefunden, hätte ich vielleicht mitfühlen können, aber so hat sich bei mir leider keinerlei Gefühl eingestellt. Ich mochte Nina, ja, aber nicht genug um wirklich mitzufiebern.

 

Leider hat dieses Buch in meinen Augen sein Potential verschenkt. Es bekommt von mir 2,5 Sterne.