Rezension

Es muss ein Umdenken stattfinden

Das Ende der Ehe -

Das Ende der Ehe
von Emilia Roig

Bewertet mit 5 Sternen

Nicht unbeachtet lassen möchte ich zunächst die Aufmachung des Buches. Selten habe ich sich so angenehm anfühlende Seiten zwischen den Fingern gehabt und so eine angenehme Schrift vor den Augen. Kleinigkeiten, die für mich viel ausgemacht haben. Ich habe mich jedes Mal wieder darüber gefreut, wenn ich das Buch in die Hand genommen habe. Die angenehme Haptik gilt übrigens ebenso für das Äußere und auch die Optik fällt ins Auge – hier wird schon deutlich: dieses Buch wird laut, will (und muss) sichtbar sein.

Jetzt aber zu den inneren Werten. Autorin Emilia Roig ist Politologin sowie Gründerin und Geschäftsführerin des „Center for Intersectional Justice (CIJ)“ mit Sitz in Berlin. Ihr Einsatz für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit hat ihren Ursprung schon in ihrer Kindheit, in der sie in einer algerisch-jüdischen-karibischen Familie in Frankreich aufwuchs. 

Worum geht es? Emilia Roig hinterfragt in ihrem Buch patriarchale und als „normal“ angesehene Strukturen, insbesondere die alteingefahrene Institution Ehe. „Das haben wir eben immer schon so gemacht“ gibt es hier nicht. Alternative Beziehungsmodelle haben gerade in letzter Zeit immer mehr Aufmerksamkeit bekommen, sind aber immer noch die Ausnahme. Auf der anderen Seite gibt es viele Menschen, die sich im klassischen Modell Ehe nicht wohlfühlen.
Behandelt werden eine Vielzahl an Themen, es geht unter anderem um Unterdrückung und klassische Rollenverteilung, die ungesehene Arbeit, die Frauen leisten, Geld und Sex in der Ehe das binäre Geschlecht, gleichgeschlechtliche Liebe und auch einen Ausblick in die Zukunft – Was kommt nach der Ehe? Dabei gibt die Autorin auch ganz persönliche Eindrücke und erzählt von ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen. So erzählt sie davon, dass sie nach einer schönen Hochzeit (die später geschieden wurde) mit vielen Freunden und Familie in eine „Ehe-Depression“ gefallen ist. Damals war das Phänomen noch nicht geläufig und sie wusste lange Zeit nicht, was mit ihr los ist.

Ein sehr gut recherchiertes und klug geschriebenes Buch, aus dem ich einige Erkenntnisse und Informationen mitnehmen konnte und einige Anstöße und Impulse bekommen habe, zu hinterfragen und weiterzudenken. Auch wenn ich die Ehe nicht per se ablehne (darum geht es auch gar nicht), finde ich es großartig und wichtig, neue Impulse zu bekommen und alte Denkmuster aufzubrechen. In dem Zusammenhang sind die Kommentare, die ich zu dem Buch schon gelesen habe, kaum zu glauben. Dort wird gefordert (übrigens ausschließlich von Männern) „lasst uns doch in Ruhe“ und wenn ein Kind kommt, solle es doch nicht gleich weggeben werden, dann müsse der Mann eben arbeiten und die Frau zu Hause bleiben. Ich denke immer, es ist schon so viel passiert, aber der Blick aus meiner Bubble heraus bestätigt leider immer wieder: Es ist noch viel zu tun. Umso besser, dass es Bücher wie dieses gibt. Selbst wenn man mit etwas nicht 100% d´accord geht, wünsche ich mir doch eine Offenheit und Awareness für bestimmte Themen. Es lohnt sich. Deshalb von mir eine ganz klare Empfehlung!