Rezension

Fall und Rekonvaleszenz

Stürzen Liegen Stehen -

Stürzen Liegen Stehen
von Jon McGregor

Bewertet mit 4 Sternen

Stürzen liegen stehen - Jon Mc Gregor

Dieser besondere Roman beginnt als spannende Abenteuergeschichte. Eine Expedition in der Antarktis. Ein Sturm zieht auf, drei Männer werden voneinander getrennt, mit dem Funksystem scheint etwas nicht in Ordnung.
Nach wenigen Kapiteln ändert sich das Thema grundlegend. Der Expeditionsleiter, ein Mann, der mit beiden Beinen fest im Leben steht, erleidet einen Schlaganfall. Er ist nahezu hilflos, muss Sprache und einfache Fertigkeiten neu erlernen. Seine Frau, die bisher viele Monate im Jahr auf seine Rückkehr gewartet hatte, ist plötzlich automatisch zur Pflegerin geworden.
Sehr einfühlsam und authentisch schildert McGregor diese Rückkehr ins Leben - mit all seinen Rückschlägen und hoffnungslosen Situationen. Interessant dabei ist, dass ab dem Zeitpunkt des Schlaganfalls nicht mehr aus der Sicht des Patienten/Expeditionsleiters erzählt wird. Viel mehr erfährt man über die Gefühle und Sorgen der armen Ehefrau.
Obwohl die Schuldfrage bezüglich des Unfalls im Eis immer wieder präsent ist, spielt deren Auflösung nur eine sehr untergeordnete Rolle. Scheinbar gibt es eine wortlose Übereinstimmung, die Dinge auf sich beruhen zu lassen.
Sprachlich genial ist dem Autor hier ein ganz besonderes Werk gelungen. Mit wenigen Worten schafft er immer wieder eine sehr dichte Atmosphäre. Sowohl das Unglück im Eis als auch die Hilflosigkeit des Schlaganfall-Patienten stehen dem Leser als eindringliche Bilder vor Augen. Dieser sehr speziellen Erzählweise verzeiht man schließlich auch die ein oder andere fehlende Auflösung.
4 Sterne und eine große Leseempfehlung für alle, die anspruchsvolle Literatur mögen!