Rezension

Falsche Erwartungen

Das Implantat - Daniel H. Wilson

Das Implantat
von Daniel H. Wilson

Daniel H. Wilson wartet in seinem Roman "Das Implantat" mit einer faszinierenden Idee auf! Die Geschichte spielt in den USA der nahen Zukunft. Der medizinische und technologische Fortschritt ermöglicht es inzwischen, kleine Implantate ins Gehirn einzupflanzen, um neurale Krankheiten zu heilen. Aber auch um die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern.

Nun stimmt einen der Klappentext mit folgenden Worten auf die Handlung ein: „Was, wenn Überlegenheit käuflich wäre?“ Und weiter: „Neurale Implantate (…) sind der letzte Schrei. Sogar neurale Krankheiten können damit geheilt werden. Doch die Implantate sind teuer, und nur die Wohlhabenden können sie sich leisten.“(Quelle Klappentext: Droemer)

Klingt nach einer großartigen Story und ich hatte einen Plot erwartet, in dem es darum geht, dass die Menschen ohne Implantat diskriminiert werden und die Wohlhabenden sich durch die Implantate noch weiter bevorteilen.

Aber da habe ich mich vertan. Und vor allem zu viel erwartet. Die Handlung geht in eine völlig andere Richtung als gedacht und konnte mich mit seinem tatsächlichen Thema überhaupt nicht überzeugen. Nun kann das Buch ja nichts für seinen Klappentext und meine falsche Interpretation des selbigen, deshalb gilt es unbedingt hervorzuheben, dass es letztlich an meiner fehlenden Flexibilität lag, mich „neu“ auf das Buch einzulassen. Stilistisch gibt es nämlich nicht viel zu meckern, sprachlich einwandfrei liest sich das Buch sehr zügig und flüssig. Ich persönlich bin nur kein großer Freund der hier verwendeten Ich-Erzähler-Perspektive, weil dies die Sichtweise immer stark einschränkt. Und da die Handlung ohnehin schon sehr einseitig ist, hat sich der Autor in meinen Augen mit dieser Wahl keinen Gefallen getan.

Insgesamt ist es eine temporeiche Geschichte. Wenn auch inhaltlich ein wenig zu hastig. Der Autor nimmt sich nicht genügend Zeit, die Geschichte zu entwickeln. Die Ereignisse überstürzen sich fast und wirken damit stellenweise konstruiert und die Entwicklungen unglaubwürdig. Auch wenn ich die Welt sicher nicht durch eine rosarote Brille betrachte, traue ich der Menschheit (gut, in dem Buch konzentriert es sich ausschließlich auf US-Bürger) mehr zu als der Autor. Trotz der Brisanz, die das Thema Diskriminierung in Kombination mit technischem Fortschritt bietet, bleibt der Autor bei stereotypen Figurenzeichnungen und nutzt in meinen Augen nicht die vielen Möglichkeiten, die das Thema bereithält. Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass dafür nicht nur die Zeit fehlte, sondern dass es auch einfach gar nicht vorgesehen war.

Die Geschichte bleibt letztlich sehr oberflächlich. Einige Aspekte wurden völlig ausgeklammert und einer actionreichen und rasanten Handlung geopfert, die an mir glatt vorbei ging. Im Mittelteil habe ich mich ehrlich gesagt sogar stellenweise gelangweilt, weil alles stark schwarz/weiß dargestellt wurde und den Figuren die Tiefe fehlte. War der Einstieg noch sehr spannend und packend, ließ mein Interesse schnell nach, weil einfach keine neuen Impulse mehr kamen.

Fazit: Ein Buch, das ich mit anderen Erwartungen vielleicht etwas positiver aufgenommen hätte. So bleibt bei mir aber nur die Enttäuschung über verschenktes Potential. Ich könnte mir „Das Implantat“ gut als kurzweiliges Popcorn-Kino vorstellen, aber mehr hatte die Geschichte für mich nicht zu bieten. Da die Idee aber kontroverse Gedankenspiele zulässt, gibt es dennoch 3 Sterne von mir.

Bewertung: 3 Sterne für eine faszinierende Idee mit schwacher Umsetzung

 

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