Rezension

Familienhölle oder doch eher alltäglicher Wahnsinn?

Autorität ist, wenn die Kinder durchgreifen - Peter Unfried

Autorität ist, wenn die Kinder durchgreifen
von Peter Unfried

Peter Schwind ist Chefreporter bei der taz, verheiratet und zweifacher Familienvater. In "Autorität ist, wenn die Kinder durchgreifen" zieht er in sehr amüsanter und humorvoller Weise Bilanz seiner bisherigen Erziehungserfolge. Und erzählt in 25 kurzen Episoden aus dem Familienleben der Unfrieds, die da sind: Tochter Penelope (13), Sohn Adorno (11), Mutter 'Macht' (um einiges jünger als der Herr selbst) und der Vater, kurz Pu genannt.
Das Buch entstand aus Peter Unfrieds Kolumne "Neue Ökos" heraus.

Welche Familie, die sich selbst als modern ansieht, kennt das nicht. Sobald Kinder auf dem Weg sind, entwirft man die ersten Lebenspläne, man hat die ersten Erwartungen an den zukünftigen Nachwuchs. Natürlich will man modern sein und alles anders machen als die eigenen Eltern, vor allem will man vorbildlich sein und die eigenen Kinder sollen einem vorbildlichen und modernen Weltbild entsprechen und dabei noch möglichst selbstständig und selbstbewusst werden. So jedenfalls der Plan und die Vorstellung. Wie man diese Ziele erreichen will ist auch schon klar, Erziehungsmethoden sind diskutiert und zurecht gelegt worden, Mutter und Vater sind sich in der Regel einig.
Das war auch die Idealvorstellung im Hause Unfried. Beim Abendessen sollten weltaktuelle Geschehnisse diskutiert werden, die Kinder sollten engagiert und weltoffen sein. Das dies nur Utopie sein kann, das wissen wohl alle Eltern. Peter Unfried erzählt ganz locker wie es wirklich im Familienalltag ausschaut, wie die selbstbewussten Kinder ihre eigenen Interessen entwickeln, die keineswegs mit den Idealvorstellungen der Eltern übereinstimmen und es auch selbstverständlich schaffen, das Zepter in die Hand zu nehmen und das Familienleben aktiv und selbst mitzubestimmen. Dabei ist natürlich immer wichtig, dass die Entscheidungen gegen die Eltern geht. Normal halt.
Der Schreibstil ist wirklich sehr locker, sarkastisch und ironisch und es macht einfach Spaß die kurzen Episoden mitzuverfolgen und sich teilweise selbst in ihnen wieder findet, denn was der Autor in seinem Buch beschreibt sind auf keinen Fall unglaubliche und seltene Vorkommnisse, sondern die ungeschminkte Wahrheit, genau so geht es in Familien heute zu. In unserer jedenfalls ebenso. Jeden Tag.
Ach wenn Unfried desöfteren in seiner Darstellung so klingt, als wäre er sein Familienleben mehr als satt, so spiegelt sich seine Liebe zu seinen Kindern und auch seiner Frau doch in jedem einzelnen Kapitel. Auch die beinahe schon abwertende Beschreibung der schwäbischen Heimat ist doch ein wenig als Liebeserklärung anzusehen. Natürlich immer unter dem Deckmäntelchen des Sarkasmus.

Insgesamt ein wirklich schönes und gelungenes Buch für alle modernen Familien, die gerne mal etwas über sich selbst erfahren wollen. Volle Sternzahl für dieses unterhaltende Werk!