Rezension

Familientragödie

Was man sät - Marieke Lucas Rijneveld

Was man sät
von Marieke Lucas Rijneveld

Bewertet mit 5 Sternen

sehr empfehlenswerter Roman, für den ein gutes Nervenkostüm notwendig ist

Die zehnjährige Jas betet kurz vor Weihnachten zu Gott, er möge lieber ihren Bruder zu sich holen als ihr Lieblingskaninchen als Weihnachtsessen enden zu lassen. Ihr Bruder bricht noch am selben Tag ins Eis ein und ertrinkt.

Marieke Lucas Rijneveld lebt in Utrecht und arbeitet nebenher auf einem Bauernhof. Sie hat zwei Lyrikbände veröffentlicht, bevor sie diesen Roman schrieb, der 2020 mit dem International Brooker Prize ausgezeichnet wurde.

Die Autorin lässt Jas sehr eindringlich beschreiben, wie die Familienmitglieder mit dem Tod des Sohnes und Bruders umgehen. Jeder fühlt sich schuldig an diesem Tod. Die Mutter hört auf zu essen, der Vater arbeitet nur noch und die drei Geschwister bleiben sich selbst überlassen und fliehen vor der Wirklichkeit in okkulte Spiele. Vor allem Jas kommt mit ihren Schuldgefühlen nicht klar und versucht, sich unsichtbar zu machen. Und es gelingt ihr: (fast) niemand sieht sie. Ihre Jacke zieht sie nicht mehr aus, sie hat Albträume und nässt sich ein. Ihr Bruder Obbe spielt seltsame Spiele, die Jas in ihrer Naivität mitmacht. Die jüngere Schwester Hanna scheint mit der Situation am besten klar zu kommen, aber auch sie trauert allein.

Der Schreibstil der Autorin ist ganz besonders. Ihr gelingen Sätze, die man am liebsten nicht mehr vergessen möchte. Aber es gibt so viel Brutalität, Blut, Exkremente und Tierquälereien, das es nur sehr schwer auszuhalten ist. Manche Bilder sind absolut stimmig, andere wieder nicht, was auch der Tatsache geschuldet ist, das Jas erzählt. Hier ist auch die Übersetzerin Helga von Beuningen zu nennen, die den Roman ins Deutsche übertragen hat.

Fazit: ein sehr empfehlenswerter Roman, für den ein gutes Nervenkostüm notwendig ist.