Rezension

Fantastischer, spannender und sehr gut recherchierter Roman

Der erste König - Sabrina Qunaj

Der erste König
von Sabrina Qunaj

Bewertet mit 5 Sternen

In »Der erste König« erfahren wir die Geschichte von Offa, einem faszinierendem jungen Mann aus Mercia, der später über grosse Teile Britanniens herrschen wird. Dieses Buch konnte mich schon auf den ersten Seiten packen und hat mich auf 900 Seiten nicht mehr losgelassen - wow! Dieses Buch durfte ich im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks lesen.

Darum geht's in »Der erste König«:

»Britannien im 8. Jahrhundert: Das Land der Angelsachsen ist zerrissen, neue Königreiche entstehen und zerfallen. Die Waliser nutzen die Gunst der Stunde, um zurückzuerlangen, was ihnen vor Generationen gestohlen wurde. Sie dringen in angelsächsisches Gebiet bis Mercia vor. Als sie das Land des jungen Adeligen Offa überfallen, muss dieser sein einfaches Leben aufgeben und als Aldermann und Kriegsherr sein Land und die Grenzen schützen. Dann wird der König von Mercia heimtückisch ermordet, und nur einer kommt als Erbe infrage: Offa soll das Königreich zu alter Macht zurückführen und die angelsächsischen Reiche unter seiner Herrschaft einen. Eine Aufgabe, die ihm gefährliche Feinde beschert. Nicht zuletzt wegen der mysteriösen, schönen Drida, die im Frankenreich zwischen die Fronten eines Bruderkrieges gerät und zum Tode verurteilt wird. Auf dem offenen Meer ausgesetzt wird sie schliesslich an Offas Küste gespült und bringt nicht nur sein Herz, sondern auch sein Reich in grösste Gefahr...« 

Original-Klappentext (innen)

 

Meine Meinung:

Historische Romane, vor allem so gut recherchierte wie dieser, sind normalerweise recht komplex und voller Personen- und Ortsnamen. Dieses Buch ist deshalb mit Stammbäumen, einem übersichtlichen Personenverzeichnis sowie alten Landkarten ausgestattet, was mir gut gefallen hat. Damit konnte ich mich während des Lesens immer wieder darüber orientieren, wo wir in der Geschichte aktuell sind und welche Personen gerade eine wichtige Rolle spielen. Im informativen Nachwort werden wir aufgeklärt, welche Ereignisse des Buches tatsächlich stattgefunden haben, welche auf Legenden beruhen und welche der Fantasie der Autorin entsprungen sind.

Die Geschichte beginnt gleich mit dem Kampf in Offas Heimatstadt Averdun, wodurch wir Leser*innen gleich ins 8. Jahrhundert hineinkatapultiert werden. Der Schreibstil der Autorin ist unglaublich flüssig und einnehmend, sodass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Trotz der unterschiedlichen Perspektiven, aus denen erzählt wird, zieht sich die Mischung aus spannenden Dialogen, faszinierenden Gedankengängen und lebendigen Beschreibungen durch den ganzen Roman.

Offa als Hauptfigur fand ich wunderbar authentisch. Wir lernen ihn einerseits als jungen, teilweise unüberlegten und unbeherrschten, andererseits auch als sehr nachdenklichen und auf Gerechtigkeit bedachten Mann kennen und erleben mit, wie seine Persönlichkeit mit der zunehmenden Verantwortung seiner Position wächst. Besonders spannend fand ich es, Offa bei schwierigen Entscheidungen zu beobachten. Diese Entwicklung mitzubekommen, war beeindruckend, genauso wie die unterschiedlichen Bilder, die von seinem Charakter und seiner Person gezeichnet wurden.

Drida als Protagonistin war mir ebenfalls sehr sympathisch. Ihre Empathie, Intelligenz, ihr Charme und Tierliebe wurden ebenso spürbar wie die Unsicherheit ihres jungen Alters und ihre Schuldgefühle gegenüber ihrer alten Heimat. Über einen grossen Teil des Romans wird sie durch die Wölfin Luna begleitet - und ich fand es einfach wunderschön, von dieser aussergewöhnlichen Freundschaft zu lesen. Auch Drida lernt im Laufe des Romans viel dazu - unter anderem verändert sich nach und nach ihr Bild von Offa. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber ja, eine süsse Liebesgeschichte hat durchaus auch einen Platz in diesem Buch gefunden. :)

Die anderen Charaktere - vor allem die »bösen« - wurden ebenso vielschichtig dargestellt wie Offa und Drida. Ich fand es grossartig, wie es die Autorin geschafft hat, die Grenzen zwischen »Gut« und »Schlecht« verschwimmen zu lassen, sodass die Gedanken und Entscheidungen der Bösewichte nachvollziehbar wurden und stellenweise sogar Sympathie für sie aufkam. Aber auch von den »guten« Nebenfiguren wurde ein stimmiges Bild gezeichnet, sodass mir einige von ihnen richtig ans Herz gewachsen sind.

Die erzählte Geschichte erstreckt sich von 747 bis 773 - wir Leser*innen erhalten also einen ausführlichen Einblick in Offas Leben. Deshalb gibt es auch immer wieder Zeitsprünge über mehrere Jahre, die mich in meinem Lesefluss aber nicht gestört haben. Im Gegenteil, der Spannungsbogen war konstant hoch und mir wurde es trotz fast 900 Seiten niemals langweilig. Mit jeder Seite wuchs meine Begeisterung für diese Geschichte, und ich bedauerte es, als ich das Buch nach dem Ende zuschlagen musste. Aber wer weiss, vielleicht gibt es bald eine Fortsetzung? Ich würde mich freuen! :)

 

Fazit: 

Offa, Drida und einige andere Charaktere sind mir in diesem Roman richtig ans Herz gewachsen! Ich habe mit ihnen mitgefiebert, mitgelitten und mich mitgefreut. »Der erste König« ist ein historischer Roman voller Spannung, Emotionen, interessanten Informationen über das 8. Jahrhundert und die damaligen Königreiche, Liebe, Freundschaft und teilweise auch Dramatik. Kurz gesagt: Es gibt fünf von fünf Sternen von mir, ich kann dieses Buch absolut weiterempfehlen! :)