Rezension

Fantasy - Jenseits des Mainstreams

Corvidæ - Simone Keil

Corvidæ
von Simone Keil

Bewertet mit 5 Sternen

Ich bin Cat und bin mit meiner Schwester Lizzie im Haus unserer Grossmutter. Wir hatten uns schon lange nicht mehr gesehen, denn wir waren nicht der selben Meinung was mit dem Haus passieren soll, Lizzie wollte es verkaufen, und ich... behalten. Doch wir hätten uns schon lange entscheiden sollen was mit dem Haus passiert, denn unsere Grossmutter war schon lange tot und wir hatten die Entscheidung genug lange raus geschoben. Aber bevor wir uns entscheiden, wollten wir noch auf Erkundungstour gehen, wollten noch mal schauen wo wir uns als Kinder immer rum getrieben haben und in Erinnerungen schwelgen.

Wir gingen also früh los, doch wir kamen in ein Gewitter, ein wirklich heftiges und wir konnten uns grade noch so retten. Wir fanden ein kleines Dorf im Moor wo man uns Unterschlupf gewährte. Doch irgend etwas stimmte nicht mit dem Dorf und den Menschen da. Auch wir veränderten uns, wir vergassen alles, woher wir kammen und vor allem wann! Alles was war wurde zu einem Brei undurchdringbaren Nebels, die Zeit schien völlig still zu stehen und man verlor sich, die Realität. Die Menschen in dem Dorf waren nicht nur sonderbar, sie schienen ein Geheimnis zu haben, waren aber nicht bereit es mit uns zu teilen, mit mir, und so entschied ich mich, mich auf die Suche zu machen. Und zum Glück hatte ich da ein bisschen Hilfe, wer weiss schon ob ich sonst den Weg gefunden hätte...?

Erster Satz: 

Grossmutter Rose starb an einem sonnigen Herbsttag.

Meine Meinung

Cover und Titel haben mit der Geschichte zu tun. So wie das Cover, ist auch die Geschichte eher eine düstere, sie ist genau so geheimnisvoll wie die Atmosphäre auf dem Bild. Der Titel bedeutet soviel wie Rabenvögel und auch diese spielen in der Geschichte eine grosse Rolle.

Der Schreibstil von Simone Keil ist besonders, zwar von der Schreibweise her einfach, wirklich schön und locker zu lesen, doch mit der Geschichte zusammen sehr speziell, voller Fantasie und tiefe. Wenn man die Geschichte mit einem Bild, einem Künstler vergleichen wollen würde, wäre wohl Dali meine Wahl, denn die Geschichte um Cat und Lizzie ist genau so abstrakt, wirr, verstrickt und voller psychologischer und philosophischer Tiefe, die die Bilder dieses Künstlers. Die Geschichte ist aber auch voller Bildgewaltigkeit und Emotionen. Die Autorin spielt zwar mit den gängigen Fantasy-Elementen, doch ist es weit mehr. Es gab der ein oder andere Schreibfehler, was aber nicht so schlimm war.

Die Geschichte dreht sich um Cat und ihre Schwester, auch wenn Cat wichtiger wird für die Geschichte als ihre Schwester. Denn sie ist es, die sich nicht einfach den Gegebenheiten hingibt und alles so hin nimmt wie es ist, sie ist es die wissen will was los ist und sie begibt sich auf die Suche. Die Suche nach was? Hm, das ist sehr komplex. Sie sucht die Wahrheit, nur, was ist die Wahrheit? Und wie erkennt man sie? Auch die Realität wird gesucht, was aber eben auch nicht einfach ist, denn es ist immer wieder eine andere! Sie sucht die Zeit, nur, gibt es die Zeit überhaupt so wie wir sie kennen? Wird sie sie finden? Oder ist es die Suche nach Gott / Göttin? Dem Allumfassenden? Egal was sie sucht, es ist immer eine Suche nach sich selber, die Suche nach dem eigenen Ich, dem eigenen Schatten, dem inneren Kind?

Die Geschichte entwickelt sich sicher nicht so wie man sich das denkt, eben weil es eine total andere Art Fantasy ist als die wir so im allgemeinen kennen. Und ich denke, es ist auch nicht einfach mal so schnell runter gelesen, denn man macht sich sehr viel gedanken beim lesen. Auch der Schluss ist sehr ... Hm, wie soll ich sagen... Verwirrend? Ich bin jetzt noch am überlegen, bin mir noch immer unsicher ob ich jetzt mit meiner Meinung, meiner Erkenntnis richtig liege, und doch ist es genau der Schluss der da hin gehört. Und er ist schön.

So geheimnisvoll wie die Geschichte, so sind es auch die Figuren in dem Roman, Simone Keil hat es wirklich geschafft diese so gut auszuarbeiten, mit all ihren verschiedenen Charakteren, das sie so nahe kommen wie es nur geht. Und mir sind da 3 ganz fest ans Herz gewachsen...

Natürlich Cat, sie ist die Starke, die Suchende, die Kämpferin. Mit all ihren Gefühlen und Gedanken berührt sie einen doch sehr. Dann, die geheimnisvolle Agnès, sie die Cat in ihren Bann zieht und der junge, neugierige Jacques.

Wenn man das Buch liest, muss man unweigerlich manchmal an „Alice im Wunderland“ denken. Auch da sind die physikalischen Gesetze ausser betrieb. Auch dort ist alles anders und doch funktioniert es so wie es soll. Oder vielleicht an "Der Zauberer von Oz"? Denn auch hier spiel die Suche eine ganz zentrale Rolle! Auf jeden Fall lohnt es sich, dieses Buch zu lesen. 

Dann würde ich euch gerne noch meine Lieblingsstelle vorstellen, nicht nur weil der Auszug sehr schön geschrieben ist sondern mich doch sehr tief berührt hat, durch seine Tiefe, seine Bedeutung... Hier spürt man die Tiefe die sich durch das ganze Buch zieht sehr stark.

Meine Lieblingstelle: 

Es war nicht still, wie ich erwartet hatte. Es war nicht kalt, es war nicht warm. Es war, als käme ich an, nach einer endlos langen Reise. Als käme ich zu mir. Nach Jahren in undurchschaubarer, schemenhafter, empfindungsloser Bewusstlosigkeit. Ich vergaß zu atmen und wunderte mich, dass ich überhaupt hatte atmen können. Bevor ich eingetaucht war. Eingetaucht in sie. Und sie war überall. Um mich, in mir. Unermesslich. Und dann formten sich die Farben zu Bedeutungen, die Töne zu Inhalten. Erinnerungen, Wirklichkeiten. Ahnungen. Fragen. Und Antworten, zu denen keine Fragen existierten. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Mögliche Versionen einer Zukunft. S. 253

Ehrlich, die Rezension ist mit nicht ganz leicht gefallen, eben weil es auf so vielen verschiedenen Ebenen spielt, doch ich hoffe es ist mir gelungen euch die Geschichte nahe zu bringen, euch neugierig zu machen und vielleicht bring ich den ein oder anderen auch dazu, es zu lesen ;)

 Fazit

 Ein Fantasyroman der extraklasse aber ich denke, nicht für Jedermann / -Frau geeignet.