Rezension

Ferienabenteuer, Familienerzählung und Cosy-Krimi

Welche Farbe hat mein Tag -

Welche Farbe hat mein Tag
von Carina Lendl

Bewertet mit 5 Sternen

Carina Lendl schafft in ihrem Debütroman eine enorm dichte Atmosphäre. Formt die anfangs friedliche Dorfidylle nach und nach zu einer unheilvollen, drückenden Szenerie. In der weder Familie noch Freunde Halt geben. Und doch am Ende die Hoffnung, das Gute siegen wird.

Eigentlich ist alles sehr beschaulich in Kleinrübling. Und eigentlich beginnen Paulas Sommerferien echt gut. Etwas doof ist es schon, dass ihre beste Freundin in der Ferne weilt. Aber auf der Jagd nach dem perfekten Foto für den örtlichen Fotowettbewerb vergeht die Zeit im Fluge. Und dann rettet sie mit ihrem Vater auch noch einen Wellensittich aus des Nachbars Garten. Paula genießt den Sommer.

Wenn da nur nicht ihre garstige Tante Violetta wäre. Welche dem Mädchen Mathenachhilfe gibt. Paula regelmäßig ihre überdüngten und Insektizid verseuchten Tomaten aufnötigt. Galle spuckend nicht nur das Familienklima vergiftet. Deren Geschichte als Dorfdrachen weit in der Vergangenheit wurzelt.

So bekommt die friedliche Dorfidylle bald Risse. Als auf die Villa der Tante ein Anschlag verübt wird, ist für die Polizei schnell klar: Die Nichte wars. Wer steht Paula nun bei? Kann sie ihre Unschuld beweisen? Und was steckt hinter dem Ganzen scheußlichem Durcheinander?

Ferienabenteuer, Familienerzählung und Cosy-Krimi

So viel sei verraten: Am Ende dieser österreichischen Kriminalgeschichte bleiben keine Fragen offen. Carina Lendl schafft in ihrem Debütroman eine enorm dichte Atmosphäre. Formt die anfangs friedliche Dorfidylle nach und nach zu einer unheilvollen, drückenden Szenerie. In der weder Familie noch Freunde Halt geben. Und doch am Ende die Hoffnung, das Gute siegen wird.

„Welche Farbe hat mein Tag“ ist Sommerroman und Familienerzählung, Cosy-Krimi und Ferienabenteuer. Mit kritischem Blick hinterfragt der Roman Dorfromantik und (ländliche) Gesellschaftsstrukturen. Verstört mit der Motivlosigkeit der Violetta‘chen Tyrannenherrschaft und der Willfährigkeit der Polizei. Die zahlreichen, oft schrulligen Charaktere gehen nahe. Sind mal nett, mal grantig. Oft vom Leben gezeichnet. Immer authentisch.

Vorausgeblickt und zurückgeschaut

Der Verlag stopfte die Geschichte in die Schublade mit den Kinderkrimis. Doch sticht es dort unübersehbar heraus. Ragt mit Sprache, Umfang und Facettenreichtum weit über diese Kategorie hinweg. Allein schon die engbedruckte, hohe Seitenzahl dürfte die allermeisten Neunjährigen vom Alleinelesen abhalten. Zusätzlich fordern Rückblicke, verschachtelte Ebenen und Ungesagtes die Lesenden. Es darf – es muss – mitgedacht werden. Vorausgeblickt und zurückgeschaut.

Das ist großartig! Doch zweifelte ich, ob das Buch für uns das Richtige sei. Nachdem ich dem Chef (9) schon einige Kapitel vorgelesen hatte erwägte ich ernsthaft, den Roman alleine weiterzulesen. Erst fand ich Protagonistin Paula einen Tick zu alt für den Chef. Ihr Leben dem seinem zu fern. Dann empfand ich Stil und Sprache zu anspruchsvoll. Befürchtete, dass mein Viertklässler in der Tiefe untergehen, zwischen den Schichten verloren gehen würde.

Aber da schwamm er schon längst im Plot. Entblätterte Schicht um Schicht. Akzeptierte österreichischen Schmäh und englische Zitate. Protestierte lautstark gegen meinen Abbruchvorschlag.