Rezension

Fesselnd

Donauwölfe - Hans-Peter Vertacnik

Donauwölfe
von Hans-Peter Vertacnik

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ein weiteres ruhmreiches Kapitel in der Geschichte russisch-polnischer Freundschaft war geschrieben...“

 

Es ist ein Septembermorgen des Jahres 2013 in Wien. Eine junge Frau verlässt das Lena la Belle.Wenige Minuten später ist sie tot. Ihr Mörder nennt sich Isegrim. Einige Tage später wird die verbrannte Leiche am Wiener Kahlenberg gefunden. Der Fall landet auf dem Tisch von Major Kubica.

Der Autor hat einen fesselnden Kriminalroman über die Wiener Unterwelt geschrieben.Anfangs scheint es nur zwei Gegenspieler zu geben. Einer ist Major Kubica, geboren in Polen und als Kind zum Vater nach Wien gekommen. Der zweite ist Berlinow, ein Russe, der die Wiener Prominenz verhätschelt und als großzügiger Nachtclubkönig gilt. Die Tote war seine aktuelle Geliebte. Während die Polizei von einer Niederlage in die andere tappt, tobt in der Wiener Unterwelt ein gnadenloser Kampf. Der wird allerdings nicht offen geführt. Als Kubica schon am Tiefpunkt von Karriere und Privatleben angekommen ist, ahnt Berlinow nicht einmal, dass auch sein Weg in den Abgrund geplant wird. Doch damit ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende.

Die Handlung beinhaltet mit einem ungewöhnlichen Aspekt. Die Akteure der Unterwelt werden wie verschiedene Wölfe charakterisiert, ihr Verhalten mit dem von Wölfen gleichgesetzt. Geschickte Manipulation sorgt für immer neue Spannungsmomente. Viele Aktionen der Polizei laufen ins Leere, weil Unbekannte die Fäden ziehen.

Sehr gut dargestellt wird die Internationalität von Wien. Dazu analysiert der Autor nicht nur die Aufteilung der kriminellen Strukturen unter den verschiedenen Nationalitäten, er lässt auch die Vergangenheit seiner Protagonisten lebendig werden. Dabei ist es ihm ausgezeichnet gelungen, sich in die Mentalität der unterschiedlichen Menschen einzufühlen.

Eine der für mich interessantesten Personen war der Wozzek, der Pfarrer der polnischen Gemeinde. Welche Rolle er spielt, möge allerdings der zukünftige Leser selbst herausfinden.

Intrige, Missgunst, Korruption, Verrat sind nur einige der Themen, die auch vor dem Polizeiapparat nicht Halt machen. Als Leser kannte ich über die Vorgänge in der Unterwelt oft mehr Fakten als die Polizei. Das machte aber das Miträtseln nicht einfacher, sondern spannender. Das Wissen um den Strippenzieher ließ kaum Schlüsse auf die verdeckt Agierenden zu. In manchen Situationen hielt ich fast alle für verdächtig.

Das Buch lässt sich zügig lesen. Ursache ist nicht nur die spannende und vielschichtige Handlung, sondern auch der für einen Krimi ungewöhnliche Schriftstil. Die Verwendung des Wolfsmotivs hatte ich schon erwähnt. Die Beschreibung wechselt zwischen sachlicher Darstellung, feinem Humor und gekonnten Sarkasmus. Obiges Zitat folgte dem ersten Zusammentreffen von Kubica und Berlinow. Ungewöhnlich ist auch, dass ab und an kurze, prägnante Sätze zukünftige Probleme andeuten. Ausführlich wird auf die Örtlichkeiten eingegangen. So habe ich etliche Wiener Kaffeehäuser kennengelernt. Insbesondere bei Major Kubica wird die persönliche Entwicklung detailgenau dargestellt und auch die psychologische Tiefe seiner Gedankenwelt ausgelotet.

Es gibt im Buch viele neue und ungewöhnliche Ideen. Alle zu erwähnen, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen.

Das Cover mit den drei menschlichen Wölfen passt zum Thema.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag an den abwechslungsreichen Schriftstil, der auch mit politischen Spitzen gespickt war, und der spannenden vielschichtigen Handlung.