Rezension

Fesselnd und aufwühlend bis zur letzten Seite

Der Tod des Henkers -

Der Tod des Henkers
von Laura Noll

Bewertet mit 5 Sternen

Der historische Hintergrund dieses Krimis ist vermutlich den meisten Lesern bekannt: Man schreibt den 27. Mai 1942 als der, in einer offenen Limousine durch das von Deutschen besetzte Prag fahrende Reinhard Heydrich bei einem Attentat schwer verletzt wird und wenige Tage später seinen Verletzungen erliegt.

 

Das NS-Regime plant bereits blutige Vergeltungsmaßnahmen an der tschechischen Bevölkerung und dennoch wird der Gestapo-Kriminalrat Heinz Pannwitz mit den Ermittlungen betraut. Wie man weiß, hätte die Ausforschung des oder der Täter keinen Einfluss auf die Rache gehabt. Dennoch setzt Pannwitz alles daran, schnelle Ermittlungserfolge vorzuzeigen.

 

"Kriminalistische Arbeit ist immer eine Geduldsprobe" sagt Pannwitz zur Dauer seiner Ermittlungen und "mit sinnlosem Terror erreichen wir nichts …."

 

Meine Meinung:

 

Laura Noll ist es ausgezeichnet gelungen, die Stimmung von 1942 darzustellen. Jeder weiß, dass Heydrich, der als Henker von Prag in die Geschichte eingeht, ein machthungriger Despot ist. Der tschechische Widerstand setzt alles auf eine Karte und begeht das Attentat. Vorerst scheint es misslungen, denn Heydrich überlebt schwer verletzt. Ein mögliches Mittel zur Vermeidung einer Infektion wird von den überheblichen Deutschen abgelehnt. Das dem Tod Heydrichs folgende Massaker an der Bevölkerung von Lidice ist nur eines der zahlreichen Verbrechen an der Zivilbevölkerung, wenn auch wahrscheinlich das Bekannteste.

 

Die Gestalt des Gestapo-Kriminalrats Pannwitz ist hervorragend gelungen. Als erfahrener Kriminalbeamter weiß er, dass schnelle Lösungen bei der Aufklärung einer solchen Tat nahezu unmöglich sind. Er bräuchte Zeit, um die Ermittlungen ordentlich und akribisch zu führen. Doch Zeit ist genau das, was ihm fehlt.

 

Obwohl Pannwitz perfekt tschechisch spricht, steht ihm der tschechische Polizist Hauptmann Alois Šeda zur Seite, der seine eigenen Kenntnisse der Situation hat. Welche Rolle Alois Šeda tatsächlich innehat, wird später aufgedeckt.

 

„Gott musste sich zweifellos in einem Dilemma befinden. Er konnte weder zulassen, dass ein Mensch wie Heydrich lebte, noch, dass er starb. Beide Möglichkeiten würden für immer mehr Blutvergießen sorgen.“ (S. 112)

 

Dieses Zitat spiegelt die Gedanken von Pannwitz deutlich wieder: Egal ob mit oder ohne Heydrich, das Morden würde weitergehen.

 

Der Krimi ist in der Ich-Form und aus der Sicht von Heinz Pannwitz geschrieben, der 1945 in der berüchtigten Lubjanka in Moskau, inhaftiert ist. Er berichtet dem russischen Generalmajor Blochin über die Ereignisse des Jahres 1942.

 

Laura Noll ist es sehr gut gelungen Fakten und Fiktion zu einem fesselnden Krimi zu verknüpfen. Zahlreiche historische Personen, Deutsche wie Tschechen, haben kleinere oder größere Auftritte.

 

Heinz Pannwitz steht im Spannungsfeld zwischen Dienst und Menschlichkeit. So kann er die Gefühle der Tschechen durchaus nachvollziehen, wenn sie die deutschen Besatzer aus hrem Land vertreiben wollen. Mit seinem scharfen Verstand, den er wohl einzusetzen weiß, drückt er auch manchmal ein Auge zu, allerdings immer bedacht, nicht selbst Opfer des Regimes zu werden.

 

Fazit:

 

Ein Krimi, der bis zur letzten Seite fesselt, auch wenn die historischen Rahmenbedingungen bekannt sind. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.