Rezension

Fesselnde Spielchen

Das Spiel (Gerald's Game) - Stephen King

Das Spiel (Gerald's Game)
von Stephen King

Bewertet mit 5 Sternen

Jessie hält eigentlich gar nichts von diesem Spielchen, als sie sich mit ihrem Mann ins abgelegene Sommerhaus zurückzieht und mit Handschellen ans Bett gefesselt wird. Wer hätte gedacht, dass das Spiel für Gerald endgültig zu Ende ist?

"Das Spiel" von Stephen King ist ein Horror-Schocker, der im wahrsten Sinne des Wortes an die Handlung fesselt! 

Die Ausgangssituation ist simpel, ein bisschen morbide und trägt meiner Meinung nach eine tragische Komik in sich. Das Ehepaar Gerald und Jessie Burlingame will dem ehelichen Routineakt des Geschlechtsverkehrs ein Quäntchen Leben verleihen. So kommt Gerald auf die Idee, mit einem fesselnden Spielchen anzufangen. Dafür hat er richtige Handschellen besorgt und ist vor Aufregung und Lust ganz aus dem Häuschen, als sie das neue Spielzeug im abgeschiedenen Sommerhaus ausprobieren. Blöd nur, dass Jessie von dieser Variante wenig hält und auf Geralds Annäherung mit einem Fußtritt reagiert. Richtig blöd ist, dass sie ihn ordentlich trifft und damit aus dem Spiel gekickt hat.

Es folgt das einsame und klägliche Elend einer nackten Frau, die an ein Bett mitten im Nirgendwo gefesselt ist. Vor ihr liegt der tote Ehemann, während sie vor Durst vergeht und Krämpfe in den Gliedmaßen bekommt.

Kein anderer versteht es wie Stephen King, aus einem Alltagsphänomen einen Horror-Schocker zu kreieren. Für Jessie ist es tatsächlich dumm gelaufen und wenn die Situation nicht so tragisch wäre, würde sie selbst darüber lachen. 

Während sie im Sommerhaus im Eva-Kostüm und in Gesellschaft einer Leiche vor sich hin vegetiert, kommen ihr allerlei Gedanken in den Sinn, die das Geschehen weiter auf die Spitze treiben.

Sie denkt über einen Ausweg nach und schafft es, ein Problem nach dem anderen anzugehen. Jedoch ist bei vielen Einfällen ein Scheitern vorprogrammiert, weil es sich eben nicht einfach gestaltet, wenn man mit beiden Händen ans Bett gefesselt ist. 

Sie sinniert über vergangene Freundschaften und arbeitet ein verstörendes Ereignis aus der Kindheit gedanklich auf. All dies geschieht vor dem Hintergrund, dass es vermutlich keinen Ausweg für sie geben wird. 

Bevor ich das Buch gelesen beziehungsweise als Audioversion gehört habe, konnte ich mir nicht vorstellen, dass eine bescheidene Umgebung - das Sommerhaus! - und eine Figur im Bett für ein solches Unwohlsein sorgen. 

Der Roman um Jessie hat bei mir teilweise klaustrophobische Gefühle geweckt, weil mich King derart in ihre Situation zog. Bei den körperlichen Schmerzen konnte ich meine Emotionen einigermaßen abschalten, weil ich das Buch ansonsten wohl nicht ausgehalten hätte.

Durchzogen ist es von Stephen Kings bildgewaltigen Erzählstil, amüsanten Wortspielereien und unvorhergesehenen Ereignissen, welche nicht nur Jessie fesselten.

Das Ende fand ich gut. Es ist ruhig, nicht überladen und arbeitet das Geschehen an sich auf eine atemraubende Weise auf. 

Aufgrund der bizarren, banalen und gleichzeitig genialen Ausgangssituation muss ich den Hut vor diesem Roman ziehen! Ich denke, dass Leserinnen und Leser ebenso wie ich eine grausame Zeit haben, wenn sie sich auf Jessies und Geralds verspieltes Sexleben einlassen.