Rezension

Fesselnder hist. Roman

Die rote Mütze -

Die rote Mütze
von Daniel de Roulet

Bewertet mit 5 Sternen

Autor Daniel de Roulet hat von seinem Vater einen goldgerahmten Stich geerbt. Das Bild zeigt Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816). De Roulet recherchiert das Leben seines Vorfahrens und fördert eine ziemlich unrühmliche Lebensgeschichte zutage.

 

Es stellt sich heraus, dass er Inhaber eines Söldnerregiments unter Ludwig XVI. war. Als die Söldner 1790 wegen des ausstehenden Soldes meutern, lässt er den Aufstand blutig niederschlagen und die Rädelsführer in ein Straflager nach Brest verfrachten.

 

Der Autor hat die Namen und Schicksale von insgesamt 41 Meuterern des Regiments Châteauvieux ausfindig gemacht und webt aus den Geschichten von sieben geschickt seinen historischen Roman.

 

Samuel Bouchaye
Josephe Boucher
Gédéon Viviand
Pierre Monnoye
Jacques Grosjean
François Besançon
François Harpin

 

Im Fokus dieser Geschichte steht der junge Samuel Bouchaye, ein Tischler aus Genf, der bereits als Kind mit den revolutionären Gedanken einer Helvetischen Republik in Kontakt gekommen ist und deswegen mit seinem Vater Genf verlassen muss.

 

„In Genf ist die Revolution gescheitert, aber bald wird ganz Europa unserem Beispiel folgen.“ sagt Samuels Vater Antoine Bouchaye in prophetischer Weitsicht. (eBook S. 12)

 

Samuel Bouchaye und seine Kameraden können dem Massaker an den Schweizern am 14. Juli 1789 gerade noch entkommen. Als sie 1790 wegen des ausstehenden Soldes meutern, greifen die Vorgesetzten hart durch. Einige Dutzend der Meuterer werden hingerichtet, für andere wie Samuel heißt das Urteil dreißig Jahre ab auf die Galeere nach Brest. Um sie von jenen zu unterscheiden, die eine lebenslängliche Strafe verbüßen, erhalten Samuel und seine Kameraden rote Mützen.

 

Im März 1792 werden sie wegen ihrer roten Mützen zu ungewollten Helden der Revolution, deren Symbol die phrygische Mütze ist und fahren, diesmal ohne Ketten, im Triumphzug nach Paris.

 

Meine Meinung:

 

Da ich von Autor Daniel de Roulet vor einiger Zeit den historischen Roman „Zehn unbekümmerte Anarchistinnen“ gelesen habe, der mich beeindruckt hat, war ich auf diesen hier sehr neugierig. Ich bin nicht enttäuscht worden.

 

Diese fesselnde Geschichte zeigt, dass die Revolution nicht ausschließlich mit jener in Paris begonnen hat, sondern dass es zuvor bereits Bestrebungen gegeben hat, sich der reichen Patrizier zu entledigen. Genf ist dabei die Hochburg, die die aufklärerischen Schriften eines Jean-Jacques Rousseaus von Freiheit und Gleichheit ernst nimmt. Über die Schweiz und ihren Weg in die heutige Form, weiß man im Allgemeinen viel zu wenig. Dieser historische Roman lüftet einen kleinen Zipfel der verdeckten Geschichte.

 

Dem Roman gehen, wie Daniel de Roulet im Nachwort schreibt, umfangreiche Recherchen in verschiedensten Orten und Archiven voran. Im Bagno von Brest entdeckt er die Namen der Verurteilten und setzt sieben von ihnen stellvertretend für die 41 Männer sowie André Soret, der übrigens der Letzte gewesen ist, der mittels der barbarischen Strafe des Räderns hingerichtet worden ist, ein literarisches Denkmal.

 

 «Aus diesen Namen habe ich Figuren gemacht. Die Mächtigen erdrücken einen mit ihrem Erfolg. Ihren Sklaven, den weniger vom Glück Begünstigten, erteilt nur die Literatur das Wort.»

 

Und sein Vorfahr Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816)? Wie man aus den Lebensdaten ersieht, hat er nicht nur das große Köpferollen überlebt, weil er den seinen rechtzeitig eingezogen hat, sondern hat sich Napoleon angedient, wird von ihm ausgezeichnet, nur um sich, just als der 1814 in die Verbannung nach Elba geschickt worden ist, um seine letzte Auszeichnung, das „Großkreuz des Militärverdienstordens“, von Ludwig XVIII. ratifizieren zu lassen.

 

Ein Opportunist, wie er im Buche steht.

 

Fazit:

 

Gerne gebe ich dieser bislang wenig bekannten Facette der Geschichte der Revolution(en) 5 Sterne.