Rezension

Fleischloses Leben und mehr

Vegetarianer -

Vegetarianer
von Felix Kucher

Bewertet mit 4 Sternen

Wie viele Leserinnen und Leser von Felix Kuchers "Vegetarianer" war auch ich recht erstaunt, dass die fleischlose und sogar die Rohkosternährung bereits im 19. Jahrhundert eine Rolle spielten bzw. von Karl Wilhelm Diefenbach und seinen Anhängern empfohlen wurde. In einer Zeit, in der die meisten Menschen froh waren, wenigstens hin und wieder ein Stück Fleisch auf den Teller zu bekommen, waren dies sicher nur die Gedanken der Gebildeten und der Oberschicht. Heute nennt man die Menschen Flexitarier, die höchstens dreimal pro Woche Fleisch essen, doch über Jahrhunderte gab es nur den Sonntagsbraten und damit eher wenig Fleisch.

Doch Diefenbach geht weiter. Er sieht in der gesunden Ernährung quasi eine Alternative zur konventionellen Medizin, leidet selbst unter mehreren Beschwerden, die man in der Tat durch eine gesunde Ernährung lindern konnte. So weit, so gut. Mit weiteren Theorien und Weltanschauungen Diefenbachs konnte ich mich leider nicht so anfreunden; auch sein Wesen ist eher egozentrisch und wenig vorbildlich.

Den Roman selbst kann man wegen seines eher altertümlichen Schreibstils nicht einfach so nebenbei lesen. Da er aber eine überschaubare Seitenzahl hat, kann man auch längere Zeit auf das Lesen verwenden, in Ruhe und Konzentration. Auch die Tatsache, dass die Aufmachung des Buches sehr hochwertig und ansprechend ist, trägt für mich dazu bei, dass ich ein Buch gern zur Hand nehme.

Am Ende bin ich ein wenig zwiegespalten und finde ich nicht leicht, das Buch zu bewerten. Ich habe es gern gelesen, aber man darf hier keine Spannung und keinen mitreißenden Handlungsverlauf erwarten. Das Buch ist ein Roman für Leser und Leserinnen hochwertiger Literatur, die sich Zeit nehmen zum Lesen und auch Lust darauf haben, sich mit Philosophie zu beschäftigen. Es ist eher kein Buch, das Lesende ansprechen wird, nur weil sie überzeugte Vegetarier/Veganer sind. Es steckt einfach viel mehr darin, und ich freue mich, dieses Buch für mich entdeckt zu haben, obwohl ich mich nicht fleischlos ernähre.