Rezension

Frieda und die Vaterliebe

Die Annäherung - Anna Mitgutsch

Die Annäherung
von Anna Mitgutsch

Bewertet mit 4 Sternen

Manchmal nimmt das Buhlen um die Liebe der Eltern kein Ende. So wie bei der 70jährigen Frieda, deren Mutter schon starb als sie elf war. Als Jugendliche wurde sie von Berta, der zweiten Frau ihres Vaters, aus Eifersucht vertrieben.

Wenige Jahre vor seinem 100. Geburtstag erleidet Theo einen Schlaganfall. Frieda würde sich nun gern mehr um ihren Vater kümmern, doch Berta weiß es weiterhin zu verhindern. Als sie selbst an ihre Grenzen stößt, wird eine Pflegerin aus der Ukraine angeheuert. Die schenkt Theo neue Lebensfreude. Und wieder kommt Bertas Eifersucht zum Tragen, so dass Ludmilla in ihre Heimat zurückkehrt. Nachdem Theo seine Tochter bittet, sie zurückzuholen, bietet sich für Frieda endlich die Gelegenheit, sich mit der Vergangenheit ihres Vaters im Krieg auseinanderzusetzen. Schließlich hat sie ihn schon als Jugendliche verdächtigt, im Krieg Verbrechen begangen zu haben, deren er sich sich nicht bewusst ist.

„Erinnerungen sind wie Gefühle, wir haben keine Herrschaft über sie, kaum einen Einfluss.“ (Seite 101)

Das Buch wird von Erinnerungen getragen, an den Krieg, an Verletzungen nicht gelebter Liebe, an Sprachlosigkeit und fehlendes Vertrauen. Es erzählt von der Rückschau am Ende des Lebens, von Trauer um verpasste Gelegenheiten und der Angst vor dem Ende. Dabei denkt sich die Autorin ganz tief in ihre Figuren hinein. Sie schreibt ausführlich, ohne langatmig zu werden – trotz einiger Wiederholungen. Dabei passt sich der Erzählstil dem Alter der Protagonisten an.

„Erinnerungen verändern sich, sie verändern sich langsam, ohne unser Zutun, weil wir uns verändern. Dann weiß man nicht mehr, welche die richtige ist und wie es wirklich war, aber vielleicht stimmen sie alle.“ (Seite 246)

 

Die 1948 geborene Österreicherin Anna Mitgutsch wusste bereits in der Volksschule, dass sie Schriftstellerin werden wollte. An der Universität Salzburg studierte sie Anglistik und Germanistik. In der Hippie-Bewegung lotete sie ihre Grenzen aus und bereiste die halbe Welt. Für ihre Werke erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.