Rezension

Frühe, eindrucksvolle Erzählungen

Was ist schon ein Jahr - Christine Brückner

Was ist schon ein Jahr
von Christine Brückner

Bewertet mit 4 Sternen

Es handelt sich bei diesem Kurzgeschichtenband um frühe Erzählungen der Autorin Christine Brückner, die meiner Meinung nach gerade in ihren Anfängen einen eigenen, spezifischen Ton aufwies.
Nur ein paar der Geschichten möchte ich kurz vorstellen.

Schon in der großartigen Titelgeschichte wird deutlich, wie sehr Brückners Erzählen vom Beobachten lebt und wie sie daraus einen ihren Tonfall entwickelt.

Christine Brückner kann auch ungemütlich, das beweist die kurze Skizze “Heinrich Grebe, Immobilien”, in der sie exemplarisch einen Durchschnittsmenschen der Nachkriegszeit zeigt.
Inzwischen bieder und erfolgreich, sieht man ihm nicht an, was er im Krieg tat. Durchschnitt heißt eben auch, dass die Wahrscheinlichkeit für Mitläufertum und Mittätertum steigt.

Um unbewältige Vergangenheit geht es auch in der geschickt gemachten Geschichte “Eine Liebesgeschichte". Darin wird das Schweigen wie das Reden thematisiert. Das war in der Nachkriegszeit eine heikle Sache.

“Theaterleidenschaft” ist eine zwiespältige Geschichte. Wird anfangs das Portrait eines leidenschaftlichen Mädchens, das offenbar ADS hat und entsprechend überdreht reagiert, bis sie sich auf ihre Theaterleidenschaft  konzentriert, ist das Ende doch enttäuschenderweise nur eine Variante von der Widerspenstigen Zähmung.

Manche der Geschichte sprachen mich auch nicht so stark an, aber insgesamt ist das Buch lesenswert!