Rezension

Für Freunde des schönen Scheins

Schöne Seelen
von Philipp Tingler

Bewertet mit 2 Sternen

          Dieses Buch gewann ich vor längerer Zeit bei Vorablesen für das Buchzitat der Woche. Da ich mir stets Notizen beim Lesen mache, fielen mir diese beim Aufräumen erst jetzt in die Hände.

Die Geschichte beginnt mit Millvina van Runkle, die nach unzähligen Schönheitsoperationen im Sterben liegt. Das letzte Facelift war ein Eingriff zuviel. Ihre „Abdankungsfeier“ plante sie selbst bis ins Kleinste, programmiert von einem in der „Saison“ angesagten Designer. Sie will sich ja nicht auch noch im Tode schämen! Eine ihrer bezeichnenden Aussagen zum bevorstehenden Ende: „Wenigstens sterbe ich reich!“ Der Tod wird als gesellschaftliche Veranstaltung zelebriert werden. Wie es sich in diesen Kreisen gehört!

Viktor hat Eheprobleme mit seiner Frau Mildred (Tochter von Millvina), die ihm vorschlägt eine Therapie zu machen. Dafür hat er überhaupt keine Zeit und er bittet seinen Freund Oskar diese statt seiner zu machen. „Du gehst für mich in die Therapie!" So meint Viktor. Das hätte „komparative Vorteile“ und wäre so was wie eine Inspiration für Oskar. Nach kurzem Hin und Her beginnt der Freund schließlich die Therapie. Der weitere Verlauf der Story war für mich einfach nur abstrus. Die Situationen, die geschildert werden, waren meilenweit von der Realität, vom wirklichen Leben entfernt und das sicher nicht nur von meinem Leben. Immerhin muss ich es bis zur Seite 210 von 352 Seiten (Taschenbuch) geschafft haben. Das war mein letzter Eintrag zum Buch. Ich legte es weg und vergaß es.

Auszüge aus meinen Notizen:
Oberflächlichkeit der Beziehungen untereinander, wohin man schaut, auf Äußerlichkeiten begrenzt, Luftküsse, Gemeinplätze, Geringschätzung, tiefe Indifferenz,
„Gesichter voller Eitelkeit, mit Hyaluronsäure gefüllt“
„...Schein und Einbildung waren überaus real in dieser Gesellschaft;...“
„Der Schein war der Sinn jener Menschen, der Sinn ohne den die Wirklichkeit, ihre Wirklichkeit, ins Nichts der Wesenlosigkeit zerfallen würde.“

„Schöne Seelen“ ist eine sehr sarkastische Draufsicht auf das hohle, inhaltsleere Leben einiger Reichen und Schönen. Ich empfand es für mich nicht lesenswert. Deshalb brachte ich das Buch nicht zu Ende. Es ist mir so lebensfremd wie irgendwas und es langweilte mich. Ich möchte deshalb extra hier betonen, dass „Schöne Seelen“ für andere vielleicht die richtige Lektüre ist!
Die Wortwahl des Autoren Philipp Tingler ist außergewöhnlich, bildhaft, exzentrisch wie seine Charaktere. Er verwendet sehr viele Fremdworte in ungewöhnlichem Zusammenhang. Er geht mit der Sprache meisterlich um. Er bildet Wörter und Wortgruppen, die selten oder nicht alltäglich sind. Es kann sogar sein, dass er einige für die Darstellung der abgehobenen Gesellschaft erfand!? Tingler besitzt eine scharfe Beobachtungsgabe und verfügt über einen spitzzüngigen, sezierenden Schreibstil.

Dieses Buch ist nichts für Leser, die eine landläufig schöne Geschichte erwarten!