Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Für Leser historischer Romane, die mehr als Liebesgeschichte und/oder Ränkeschmiede beinhalten, bestens geeignet

Die Stadtärztin - Ursula Niehaus

Die Stadtärztin
von Ursula Niehaus

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt lt. Amazon.de
Ursula Niehaus hat die aufregende Lebensgeschichte der Agathe Streicher wiederentdeckt und daraus einen kenntnisreichen historischen Roman gesponnen: Im 16. Jahrhundert ist es Frauen versagt, den Beruf des Arztes zu ergreifen. Dennoch träumt die junge Agathe von Kindheit an von nichts anderem. Es gelingt ihr, sich heimlich ein profundes medizinisches Wissen anzueignen und sich 1561 die Erlaubnis zum Arzteid zu erkämpfen. Ihre Heilerfolge sind weit über die Grenzen der Stadt bekannt, zahlreiche Persönlichkeiten ihrer Zeit reisen nach Ulm, um sich von ihr behandeln zu lassen. Doch Agathes Erfolge rufen Feinde und Neider auf den Plan, und schließlich muss sie die schwerste Entscheidung ihres Lebens treffen: zwischen ihrer Berufung und ihrer großen Liebe …

 

Die Autorin (auszugsweise wikipedia.org)
Ursula Niehaus wurde 1965 in Köln geboren. Sie stammt auseiner Buchhändlerfamilie.1993 machte sie sich mit einem Stoffgeschäft in Köln selbständig, musste das Geschäft jedochwegen einer beruflichen Veränderung ihres Mannes aufgeben. Ihre Begeisterungfür Textilien setzte Niehaus in dem 2007 erschienenen historischen Roman DieSeidenweberin um, in dem sie das Schicksal einer jungen Seidenweberinim Köln des Mittelaltersschildert. Ihr Erstlingswerk fand Erfolg beim Publikum, sie ist seitdemhauptberuflich schriftstellerisch tätig. Sie lebt mit ihrem Mann Andreas in Ingelheim am Rhein.

Eigene Meinung
"Ich gelobe, fürderhin dem Bürgermeister, Rat und der gemeinen Stadt getreu und gewogen zu sein, zu dienen und vor Schaden zu bewahren (...) des Weiteren, ob ich von einem Bürger oder Bürgerin, Einwohner oder Einwohnerin dieser Stadt, reich oder arm seiner Krankheit halben, ausgenommen in der Krankheit der Pestilenz, so sie gemeinlich hier regiert, gefordert werde, dass ich darin ungefährlich, willig, fleißig und unsäumlich erscheinen und dem Kranken zu seiner Krankheit das Beste nach meinen Verständnis raten und helfen soll und will, und mich deswegen mit angemessener Entlohnung begnüge. Des Weiteren, dass ich auch niemandem einen Sirup oder ein Arzneimittel geben werde, außer den durch geschworene Apotheker gemachten. Des Weiteren, dass ich auch keinen Apotheker dem anderen vorziehe, lobe oder schelte, noch die Leute zu einem vor dem anderen weise, weder um Nutzen, Gaben, Neid, Hass, Freundschaft, Feindschaft noch anderer Sachen willen, sondern einen jeden selbst gehen und kaufen lassen soll und will (...)"
(Seite 411 - 412 )

Ehe Agathe Streicher 1561 den Eid auf die Ärzteordnung bei der Stadt Ulm ableisten und damit als erste Frau ohne Studium und Doktortitel praktizieren darf, liegt ein langer Weg vor ihr.

Aus ihrer Sicht erlebt man sehr anschaulich und fesselnd die gesellschaftlichen, religiösen und medizinischen Gegebenheiten des 16. Jahrhunderts. Die Visiten an den Krankenbetten sind sehr detailreich geschildert. Wer dahingehend sehr empfindlich ist, sei gewarnt. Die Charaktere sind vielschichtig gestaltet und kommen ohne das leider weitverbreitete Gut/Böse-Schema oder sonstige Intrigen aus. Die Liebesgeschichte nimmt einen winzigen Teil der Handlung ein. Angesichts der vielen historischen Romane, die sich als Schmonzette im historischen Gewand entpuppen, eine echte Wohltat.

Lediglich mit dem Stil hatte ich zu Beginn Schwierigkeiten, aber nach 50 Seiten hatte ich mich daran gewöhnt. Für meinen Geschmack hat die Autorin zu oft die Worte "obzwar", "obschon" und "alsdann" verwendet, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.