Rezension

ganz großes Kino

Die dunkle Seite des Sees - Tina Schlegel

Die dunkle Seite des Sees
von Tina Schlegel

Bewertet mit 5 Sternen

Konstanz: Kommissar Paul Sito wird aus dem Krankenhaus entlassen, er ist nach seinem letzten Fall psychisch immer noch sehr angeschlagen. Seine Freundin überrascht ihn mit einem Welpen, der ihm über die Rekonvaleszenz helfen soll. Doch mehr als ein paar Tage Ruhe gönnt sich Sito nicht, denn am Rheinufer wird der Kopf einer Frau gefunden. Als wenig später ein Torso gefunden wird scheint die Leiche intakt, doch bei der Obduktion stellt sich heraus, dass Kopf und Torso nicht zusammen gehören. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, zu groß ist die Angst es mit einem Serienkiller zu tun zu haben. Erschwerend kommt hinzu, dass Sito noch nicht voll belastbar ist und es privat auch nicht rund läuft. Sein Kollege Roman Enzig ist ihm hierbei eine große Hilfe.

Wow, ich hatte hier einen eher beschaulichen Regiokrimi erwartet, was ich bekommen habe war aber so viel mehr. Den ersten Teil habe ich noch nicht gelesen und habe deswegen einige Zeit gebraucht, um mich mit den Protagonisten vertraut zu machen.

Es geht gleich spannend los und man lernt Sito kennen. Einen Kommissar, den sein letzter Fall psychisch bis zum Limit gebracht hat, er hat mit dem Erlebten immer noch nicht abgeschlossen.  Seine Frau ist schon lange tot, die Beziehung zur wesentlich jüngeren Miriam ist kompliziert, er erscheint wie der typische Einzelgänger. Sein Kollege Roman Enzig hilft ihm mit Gesprächen über diese Zeit hinweg, mit einer Zufallsbekanntschaft führt Sito philosophische Gespräche. Bei den Ermittlungen hat er das richtige Gespür, doch ist sein Verdacht so abstrus, dass er nicht ernst genommen wird.

Die Handlung wird von allen Ecken beleuchtet, es gibt kurze Kapitel, Rückblicke und Abschnitte aus einem Tagebuch, bei dem mir anfangs nicht ganz klar war, von wem es ist. Durch die schnellen Wechsel entsteht eine ganz eigene Dynamik, so dass ich von der Story schnell gefesselt war. "Die dunkle Seite des Sees" ist eines jener Bücher, die im Gedächtnis bleiben, mit der Geschichte an sich, den Protagonisten und der Atmosphäre. Konstanz lebt vor dem inneren Auge auf, es ist Sommer und die Menschen leiden seit Mai unter einer unerträglichen Hitze. Doch unterschwellig zieht sich Düsternis durch die Handlung, nicht nur wegen den Mordfällen. Die Personen sind sehr gut gezeichnet, vor allem die Figur des Sito ist vielschichtig angelegt. Allerdings war ich mir bei Sito  oft nicht sicher, ob er etwas tatsächlich erlebt, oder sich eingebildet hat.

Spannungstechnisch ist der Krimi ganz weit oben angesiedelt, ich würde ihn fast als Thriller einstufen. Die Autorin legt gekonnt falsche Fährten und hat mich mit Schockeffekten und Wendungen immer wieder überrascht. Der Täter spielt Katz und Maus mit Sito, es war wahnsinnig spannend zu verfolgen, ob er seinem übermächtigen Gegner letztlich überführen kann.

Fazit: Ganz großes Kino, eher Thriller als Krimi. Nach dem für mich etwas schwierigen Start hat sich das Buch ganz schnell zum Pageturner entwickelt, das ich in etwas mehr als einem Tag ausgelesen hatte. Ich habe für mich eine großartige neue Reihe entdeckt und kann den Krimi vorbehaltlos empfehlen.