Rezension

Ganz okay

Babylon - Thomas Thiemeyer

Babylon
von Thomas Thiemeyer

Im irakisch-syrischen Grenzgebiet entdecken Forscher ein seltsames Bauwerk. Zuerst vermutet man, ein Grabmal (vielleicht sogar das des Gottes Marduk?) entdeckt zu haben, doch Archäologe Norman Stromberg hat eine andere Theorie. Er glaubt, den Turm zu Babel gefunden zu haben. Was es auch ist, als ein arabischer Forscher und sein Sohn das Bauwerk das erste Mal betreten, lösen sie etwas aus, das nicht mehr aufzuhalten ist. Es beginnt mit einer Art elektromagnetischem Impuls, der alle elektronische Geräte lahmlegt, und wird noch viel katastrophaler und fantastischer, als die eigentliche Pforte geöffnet wird. 

Thiemeyer verknüpft in seinem aktuellen Fantasy-Thriller aktuelle Thematiken mit fantastischen Mythen. Da haben wir zunächst das irakisch-syrische Grenzgebiet mit all seinen Konflikten. Da ist die Reporterin Leslie, die von einem IS-Anführer in sein Lager gebracht wird. Gerade in de Kapiteln mit Leslie geht es viel um Religion und Politik, und der archäologische Thriller rückt erst einmal in den Hintergrund. 
Da ist aber auch das Bauwerk, die Pforte, der Schlüssel und alles, was passiert, als die Pforte geöffnet wird. Da sind die neun Kreise der Hölle, die stark an Dantes Inferno erinnern. Und natürlich ist da Hannahs kleine Tochter Leni, die mit ihren vier Lebensjahren bereits den geistigen und körperlichen Reifegrad einer Zehnjährige erlangt hat. 

Der Mysterythriller hat eine sehr lange Anlaufzeit und während der ersten 200 Seiten habe ich immer wieder überlegt, ihn wegzulegen und nicht mehr anzurühren. Er hat mich einfach nicht gepackt. Später, wenn die Pforte geöffnet wird und sich der Thriller in Horror verwandelt, wird klar, warum wir die Figuren so ausführllich kennen lernen mussten - das macht den Anfang aber leider nicht spannender. Aber dieser Teil, die neun Kreise der Hölle, die Quests, die Portale, die Level (wie Leni sie nennt), die konnten mich endlich fesseln. Was mir aber durchweg gefehlt hat, war eine emotionale Bindung zu den Figuren und die Emotionen der Figuren selbst. Ich konnte nicht mit ihnen fühlen, was gerade angesichts der Prüfungen extrem schade ist. Gerade hier hätte ich eine Flut an Emotionen erwartet, aber der Fokus liegt eindeutig auf der Action und den Beschreibungen der Höllenkreise. 

Auf den letzten Seiten habe ich dann bereut, erst so spät in die Geschichte um Hannah Peters eingestiegen zu sein. Es wird Bezug auf die vorherigen Bände genommen und der Aha-Effekt, den Leser aller Bände haben werden, blieb bei mir aus, weil mir das Vorwissen fehlt. Das Ende ist gut gestaltet und glaubwürdig, wenn auch ein bisschen kitschig und vielleicht zu einfach. Trotzdem, es werden  viele Fragen beantwortet und bietet gleichzeitig die Möglichkeit einer Fortsetzung. 

Fazit: eine viel zu lange Anlaufzeit, zu wenig Emotionen und daher keine emotionale Bindung zu den Figuren, ein etwas zu kitschiges Ende, aber gleichzeitig spannender Horror im letzten Viertel des Buches. Vielleicht ist die Bindung zu den Figuren stärker, wenn man zuvor die anderen Bände um Hannah Peters gelesen hat. 

(c) Books and Biscuit